16. März 2020 2 Likes

Im Schatten

Vor atmosphärischer Adventure-Kulisse treibt uns „Stela“ durch die letzten Augenblicke einer untergehenden Zivilisation

Lesezeit: 3 min.

Man könnte es sich mit der Einordnung von Stela eigentlich kaum leichter machen: Es sieht, spielt und fühlt sich quasi eins zu eins an wie die vielgepriesenen Adventure-Referenzen Limbo und Inside aus dem Hause Playdead und kommt mit dieser fast schon dreisten Art des Epigonentums nur durch, weil es auch deren Präsentationsqualität erreicht. Skybox Labs hat die Wesenskerne trefflich analysiert und eine eigene Version gezimmert, in der die Unterschiede nur mit der Lupe erkennbar sind.

Das wird bereits bei der Spielfigur augenscheinlich, die sich bei genauerer Betrachtung (und gemäß des Pressetextes) als Frau erweist. Zu Beginn erwacht sie ohne jede Erklärung in einer mysteriösen Höhle und macht sich schnurstracks auf den Weg zu einem für uns noch unbestimmtem Ziel. Dieses führt uns von links nach rechts durch eine leere, fast ausschließlich von seltsamen Kreaturen bevölkerten Welt, in der es ums nackte Überleben geht.

Ob überdimensionierte Käfer oder langgliedrige Aliengestalten (man denke etwa an die Verfolger aus Inside oder die Spinnen aus Limbo), alles will uns sofort ans Leder und zeigt keine Gnade. Dagegen können wir uns – eben auch wie bei Limbo und Inside – nicht wehren, sodass wir auf Taktiken aus Verstecken, Beobachten, Umgehen und Wegrennen angewiesen sind. Erwischt uns eine Falle oder ein Gegner, steigen wir nach kurzer Ladepause direkt vor der Gefahr wieder ein und probieren eine der eher knappen weiteren Optionen aus.

Wie es sich für einen Plattformer gehört, steht u.a. auch das richtige Timing bei Sprüngen über Abgründe auf dem Adventureplan und zahlreiche Verschieberätsel türmen sich vor unserer Heldin auf. Mal müssen wir einen Gegenstand richtig positionieren, um eine obere Ebene zu erreichen oder einen Boden zum Einsturz zu bringen. Mal geht es wiederum darum, herumliegende Objekte zu nutzen, um sich etwa gegen Pfeile zu schützen oder kleinere Kettenreaktionen mit Bodenplatten auszulösen.

Richtig anspruchsvoll ist das bis auf einige überraschende Fallen, bei denen man beim ersten Versuch oft das Zeitlich segnet, über die knapp 3 Stunden Spieldauer nicht. Denn Stela möchte wie die Vorbilder vorwiegend inszenatorisch brillieren und uns nicht allzu strikt aus der Immersion herauszerren. Die stimmungsvoll designten Gebiete, die dieses Konzept hauptsächlich tragen, sind ohne lästig lange Ladepausen miteinander verknüpft und markieren mit ihren gelungenen Dunkeleffekten tatsächlich das Highlight des Spiels.

Verbrannte Wälder, verlassene Häuser, karge Schneegebirge und riesenhaft kryptische Architekturen prägen das Szenario bis zum naturgemäß sehr offenen Finale, bei dem es richtig futuristisch wird. Der sehr filmische Charakter zeigt sich vor allem im prägnanten Timing der Inszenierung, bei der z.B. die Schauplatzwechsel und der bedrohlich reduzierte, dann wieder dramatisch einsetzende Soundtrack ein doch recht abwechslungsreiches Stimmungsbild evozieren. Sprecher oder erklärende Texte, die Licht ins Dunkle bringen würden, worum es nun exakt geht, sucht man bei einem solchen Ansatz (natürlich) vergebens.

Stela gefällt sich offenkundig in seinen scheinbar bedeutsamen Sequenzen und Urmetaphern darin, ganz im Geiste seiner „Originale“ nur abstrakte Interpretationsspielräume anzubieten, die man für sich zusammenpuzzeln kann. So viel lässt sich vielleicht ohne Spoiler an die Hand geben: Das Grundmotiv einer wie auch immer definierten Welt am Abgrund, in der nun Zerstörung, Isolation und Verzweiflung dominieren, paart sich mit einem Moment der Hoffnung, das sich an unserer Heldin buchstäblich entzündet.

So ist Stela letztlich leider wirklich nur das, was wir eingangs proklamiert haben, nämlich ein gut spielbarer, technisch sauber umgesetzter Klon, den man sich schon länger auf Xbox One und IOS sowie seit dem 13. März nun auch auf PC und Switch für teilweise schon unter 17 Euro gönnen kann, wenn man noch Lust auf ein weiteres Adventure bekannter Bauart hat. Gerade weil wir an dieser Stelle noch in jüngster Zeit Indie-Titel wie Mosaic oder 7th Sector, die natürlich ebenfalls von Playdead geprägt sind, in unseren Tests gelobt haben, bleibt zum Schluss festzuhalten: Mehr Epigonen wie Stela, denen es im Gegensatz zu den eben genannten Adventures komplett an Eigenständigkeit fehlt, braucht es jetzt wirklich so schnell nicht mehr.

Fazit

Wer nochmal einen dystopischen Playdead-Titel ohne Playdead spielen will, wird hier optimal bedient. Alle anderen greifen lieber zu weniger epigonalen Indie-Adventures.

Stela • Skybox Labs • Adventure/Plattformer • Xbox One/PC/Switch/IOS

Abb. © Skybox Labs

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