9. September 2019 2 Likes

The Two Colonels

Mit dem ersten von zwei DLCs geht der Shooter-Hit „Metro: Exodus“ in die postapokalyptische Verlängerung

Lesezeit: 4 min.

Mittlerweile gehört es für Publisher zum guten Ton, groß angelegte Projekte selbst im vermeintlich nur auf Action ausgelegten Shooter-Genre nach Release mit weiteren DLCs auszubauen. So auch im Fall von Metro: Exodus, dessen Kampagne bei uns zu Beginn dieses Jahres Spuren hinterließ (hier nochmal unser damaliger Test) und die Vorfreude auf die bald danach angekündigten Erweiterungen merklich anhob. Geplant sind insgesamt zwei Extra-Kampagnen, die entweder zusammen im Rahmen des etwas teureren Expansion Packs oder jeweils separat für um die10 Euro digital erhältlich sein werden bzw. erhältlich sind.

Denn seit Ende August ist mit The Two Colonels für aktuell ca. 8 Euro der erste DLC für PS4, Xbox One und PC da und spinnt wie angekündigt die Adaption zum Roman-Kosmos von Dmitry Glukhovsky (im Shop) weiter. In beiden DLCs schlüpfen wir allerdings nicht mehr in die Haut von Hauptheld Artjom, sondern ziehen zunächst mit Oberst Khlebnikov und im für Anfang 2020 geplanten zweiten DLC Sam´s Story mit US-Soldat Sam ins Gefecht durch das postatomare Russland. Während sich die zweite Erweiterung entsprechend der aus dem Hauptspiel bekannten Gameplay-Mischung eher an den offenen Sandbox-Arealen einiger Kapitel orientiert, fokussiert sich The Two Colonels auf eher klassische Shooter-Action in geradlinig aufgebauten Leveln inklusive dialoglastigerer Hub-Abschnitte.

Konkret bedeutet dieser Ansatz für The Two Colonels, dass wir das Geschehen aus zwei Perspektiven erleben, obwohl wir nur eine Figur – eben besagten Oberst Khlebnikov – aktiv spielen. Von dessen Existenz wissen aufmerksame Kenner des Hauptspiels bereits, denn es handelt sich bei ihm um den Vater des jungen Kirill, den man gegen Ende der Kampagne in den verlassenen Tunneln der Metro von Novosibirsk antrifft und der seinen Vater da bereits vermisst. Die zweite Hauptfigur des DLC ist wiederum Annas Vater Oberst Melnikov, der sich zum Finale des Hauptspiels mit Artjom nach Novosibirsk aufmacht, um Annas Leben zu retten. Während wir also aus der Sicht Melnikovs ein zentrales Segment des Hauptspiels aus einer anderen Sicht verfolgen, spielen wir mit Khlebnikov anhand mehrerer Stationen Ereignisse nach, die sich einige Zeit vor den Erlebnissen von Artjom und Melnikov in Novosibirsk zugetragen haben und Kirills Einsamkeit erklären.

Ein erzählerischer Ansatz, der im Vergleich zu vielen in diesem Bereich eher stiefmütterlich produzierten DLCs überraschend stimmig zusammengefügt wurde und der über die gut 2-3 Stunden Spielzeit eine zuweilen äußerst beklemmende, weil aufgrund der Hauptstory absehbar fatale Atmosphäre entfaltet. Mehrfach springt der Plot zwischen den Zeitebenen und spiegelt die vergleichbaren Positionen der beiden titelgebenden Vaterfiguren miteinander. Typische Metro-Themen wie das Zusammenleben einer Gemeinschaft am Rande der Vernichtung und ein damit verbundenes Ringen um Menschlichkeit und Hoffnung, sind hier besonders eng verquickt mit kleinen, aber durchaus kritischen Reflexionen über Heldenmut, Politik, Krieg und sogar die Schnittstelle zwischen Kapitalismus und Sozialismus.

Besonders da sich The Two Colonels mit fast der Hälfte seiner Gesamtzeit viel Raum dafür nimmt, uns in optionalen Dialogen, belauschten Gesprächen der verzweifelten Überlebenden der Metro und einigen obligatorischen Cutscenes in das Innenleben dieses brüchigen Sozialgefüges eintauchen zu lassen, bewegt sich der DLC im Vergleich zur Hauptkampagne auf narrativ sehr gutem Niveau. Das erlebt man bei DLCs leider viel zu selten. Gut gemacht, 4A Games!

Doch auch die drei Action-Passagen wissen zu überzeugen, da die Macher sehr darauf geachtet haben, trotz der geringen Anzahl jedem Abschnitt immerhin ein eigenes Profil zu verpassen. Langeweile kommt so ebenso wenig auf wie das Gefühl spielerischer Redundanz, da jedes Kapitel eine vom vorherigen Geschehen abweichende (Feindes-)Dynamik inszeniert. Geht es gleich zum stimmungsstarken Auftakt in von Schleim und Würmern verseuchte Abwasserkanäle, erwartet den Oberst im zweiten Teil ein dramatischer Kampf gegen Aufständische, während zum Schluss eine an das Survival-Horror-Genre angelehnte Hetzjagd gegen Mutanten durch einen Bunker auf dem Programm steht. Dazu dürfen wir die meiste Zeit mit einem mächtigen Flammenwerfer agieren, der sich zwar etwas träge handeln lässt, jedoch perfekt zum bedrohlichen Setting passt und gerade in den etwas längeren Nachladephasen für so einige Adrenalinschübe speziell auf den höheren Schwierigkeitsgraden taugt.

Technisch bleibt alles wie gehabt. Die etwas steifen, aber gut vertonten Charaktere bilden im Tandem mit der düsteren, dennoch detailreichen und ohne größere technische Mängel präsentierten Welt eine jederzeit sehr greifbare Postapokalypse, die sowohl Fans der Romane wie nur der Shooter fesseln dürfte – eine mehr als schwermütige Silvesterparty inbegriffen.

Fazit

Mitreißend inszenierter, spielerisch ordentlicher Nachschlag zu Metro: Exodus, den sich Fans der Reihe zum kleinen Preis durchaus gönnen sollten.

Metro: Exodus – DLC The Two Colonels • 4A Games/Deep Silver • Shooter • PS4, Xbox One, PC

Abbildung © 4A Games/Deep Silver

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