3. Mai 2022 1 Likes

„Who Killed The KLF?“

Doku über die sonderbarste Band aller Zeiten

Lesezeit: 3 min.

Für die einen waren sie eine einzige Verarsche, für die anderen das größte Kunstprojekt aller Zeiten: The KLF!

Die Briten Bill Drummond und Jimmy Cauty fingen Ende der 1980er-Jahre an, die Musikwelt auf ihre ganz, ganz eigene Art aufzuwirbeln und das mit großem Erfolg. Bereits „Doctorin’The Tardis“ (1988) – ein mash-up aus der Titelmelodie von „Dr. Who“, „Rock and Roll“ von Gary Glitter und Teilen von „Blockbuster!“ von Sweet wurde ein Erfolg. Unter dem Namen The KLF düsten die beiden dann so richtig ab, landeten eine Reihe Welthits wie „What Time Is Love“ (1990), „3 a.m. Eternal“ (1991), „Last Train To Trancentral“ (Live From The Lost Continent)“ (1991) oder „Justified And Ancient“ (1992) und übten einen großen Einfluss auf die elektronische Musik aus (wobei Bands wie Scooter jetzt nicht so wirklich notwendig gewesen wären), blieben dabei aber stets ungreifbar und führten den Musikbusiness-Zirkus mit einer Mischung aus Mystizismus, Anarchie und Humor ad absurdum. Interviews wurden nur wenig gegeben, man kommunizierte lieber via kryptische Rundschreiben, ganzseitige Anzeigen in Magazinen oder Graffiti auf öffentlichen Gebäuden und hielt auch schon mal eine Pressekonferenz vor einer Schafsherde ab. Der wahrscheinlich größte Gag dürften aber die Songtexte gewesen sein: Alle haben mitgeträllert, aber so richtig verstanden wurden die nebulösen Zeilen wohl von kaum jemanden.

1992 war dann plötzlich Schluss: Auf einem denkwürdigen Auftritt bei den BRIT-Awards, bei dem aus einer automatischen Waffe mit Platzpatronen in den Zuschauerraum geschossen und ein totes Schaf mit der Notiz „I died for you – bon appetit“ vor den Eingang einer Aftershowparty abgelegt wurde, verkündeten die Jungs „The KLF has now left the music business“. Die Auflösung folgte zwar erst ein paar Monate später, aber dann richtig: Der Tonträger-Verkauf im Heimatland wurde komplett eingestellt, Drummond und Cauty verzichteten freiwillig auf Millionen an Tantiemen und trieben ihre Form von Antikapitalismus 1994 auf die Spitze: Auf der schottischen Insel Jura verbrannten die Künstler eine Millionen britische Pfund, die kompletten restlichen Einnahmen durch KLF. Die Aktion wurde Thema eines Films, mit dem die beiden auf Kinotour gingen. Anschließend vereinbarte man für 23 Jahre Schweigen über die Tat.

Drummond und Cauty, die bei ihrem Treiben übrigens stark von Robert Sheas und Robert Anton Wilsons Sci-Fi-Kult „Illuminatus!“ (1969 - 1971) beeinflusst wurden, ließen in den folgenden Jahren immer wieder von sich hören, allerdings meist weniger in musikalischer Hinsicht. Zum Beispiel wurde 2017 unter dem Namen „The Justified Ancients of Mu Mu“ (ein alter Bandname aus den Anfangstagen) der dystopische Roman „2023: A Trilogy“ veröffentlicht, ebenso kündigten sie an, eine Pyramide aus der Asche Verstorbener errichten zu wollen. Ein Projekt, von dem der 2021 veröffentlichte Dokumentarfilm „Welcome To The Dark Ages“ handelt. Außerdem kam es unvermittelt zu einer Art Semi-Comeback von „The KLF“. Der Backkatalog landete zum ersten Mal auf Streaming-Diensten, zudem wurde eine Reihe von Internet-Only-Compilationen und -Alben mit alten, aber zum Teil neu bearbeiteten Liedern und ein Youtube-Kanal veröffentlicht, auf den man nicht nur die bisherigen Musikvideos, sondern auch den Kurzfilm „The Rites of Mu“ von 1991 abrufen kann, der davor fast nur in stark gekürzter Version zu sehen war. Bei letzterem handelt es sich um die Aufzeichnung eines Events, bei dem auserwählte Leute aus der Musikindustrie eingeladen wurden, an den „Riten von Mu“ zu partizipieren, in deren Verlauf ein Wicker Man verbrannt wurde. Hä? Ja, genau, am besten einfach angucken, weiter unten geht’s direkt zum Film (und zu allen anderen hier genannten Titeln) – man kann sich das in etwa als die bessere und vor allem weitaus kompaktere Version von „Midsommar“ vorstellen.

Aber nun endlich zum eigentlichen Anlass dieser Meldung: Die Geschichte von KLF ist so unglaublich reichhaltig, was hier angesprochen wurde, macht nur einen Bruchteil aus, dass man sich einfach nur noch wundern kann, dass doch tatsächlich erst jetzt ein Dokumentarfilm veröffentlicht wurde. Drummond und Cauty verweigerten zwar ihre Mitarbeit an „Who Killed the KLF?“ und ihre Autorisierung, weswegen Archivmaterial genommen werden musste, aber sehenswert soll der Film, an dem der britische Journalist und Bestseller-Autor Chris Atkins teilweise im Gefängnis gearbeitet hat, da er wegen Steuerhinterziehung eine Haftstrafe absitzen musste, allemal sein.

Gucken kann man bei den bekannten Streaming-Diensten wie Amazon Prime oder iTunes, eine Scheibe gibt’s nicht.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.