4. Januar 2016 2 Likes

Schneesicher

Eine interplanetare Reiseempfehlung mit dem gewissen weißen Etwas

Lesezeit: 3 min.

Weiße Weihnachten haben wir uns ja schon seit Jahren abgewöhnen müssen, aber dass den ganzen November und Dezember das schönste Frühlingswetter herrscht, ist einfach zu viel. Winterliche Spaziergänge inmitten weißer, funkelnder Pracht – wo gibt es das denn noch? In den Mittelgebirgen oder gar den Alpen? Hier unsere Top 3 der etwas exotischeren Anregungen für garantiert schneesichere Ausflugsziele:

Eine traumhafte Winterwelt hat der Saturnmond Enceladus zu bieten, denn er ist fast vollständig von Wassereis bedeckt. Dieses Eis ist so frisch und klar, dass es – ähnlich wie frisch gefallener Schnee – nahezu alle einfallenden Sonnenstrahlen zurück ins Weltall reflektiert. Dadurch erhält sich Enceladus eine Oberflächentemperatur von knackigen -200 Grad Celsius. Und auch so etwas wie Schnee hat der weit entfernte Mond zu bieten: Vom Orbiter Cassini wurden in der Südpolregion zahlreiche Kryovulkane entdeckt, die Wasserdampf und andere Partikel in die Atmosphäre spucken. Ein Teil dieser Partikel macht sich ins All davon und gelangt in eine Saturn-Umlaufbahn, wo sie zum E-Ring, in dem sich die meisten Monde befinden, beitragen. Der Rest rieselt als Schnee wieder auf die Oberfläche von Enceladus zurück. Am 28. Oktober ist Cassini in einem gewagten Fly-by-Manöver durch eine dieser „Eruptionen“ in der Südpolregion hindurch geflogen, um mehr Daten über deren Zusammensetzung zu sammeln. Die Forscher sind gerade dabei, diese Daten auszuwerten, sodass wir uns für mehr Details noch etwas gedulden müssen.

Wir bleiben in der Nähe des Saturns und machen einen Abstecher zu seinem größten Mond: Titan. Hier kann man ein Winterwunderland der etwas anderen Art erleben. Wir haben uns ja schon einmal mit Titan beschäftigt und festgestellt, dass er der Erde gar nicht so unähnlich ist. Mit Mitteltemperaturen um -180 Grad Celsius ist es dort nur unwesentlich milder als auf Enceladus – der Schneesicherheit tut das jedenfalls keinen Abbruch, zumindest nicht in einer Bergregion auf der Südhalbkugel, von der man annimmt, dass sie von Methaneis bedeckt ist. Außerdem hat man festgestellt, dass in Titans Stratosphäre Wolken aus Methaneis schweben. Tatsächlich gibt es solche auch auf der Erde; man nennt sie „polare Stratosphärenwolken“ (oder etwas poetischer „leuchtende Nachtwolken“), und sie sind nicht minder schön anzusehen – da kommt doch richtig Weihnachtsstimmung auf, oder?

Aber warum in die Ferne schweifen, wenn wir eine wunderbar schneesichere Gegend direkt auf unserem Nachbarplaneten haben? Der marsianische Südpol ist, wie auch der irdische, ganzjährig von einer Polkappe bedeckt. Der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) entdeckte im Winter 2006/2007 zur großen Freude aller Forscher und extraterrestrischen Skifahrer, dass die Wolken über dem Pol herrlich fluffige Schneeflocken produzieren – CO2-Schnee. Auf der Erde kennen wir diese Substanz unter dem schnöden Namen Trockeneis. Es lässt sich also annehmen, dass man auf Südpol des Mars nicht nur wunderbar langlaufen, sondern dabei auch noch ganz lässige Nebeleffekte kreieren kann, um der Winterstimmung einen mystischen Touch zu verleihen.

Sie sehen also: Wenn sich der Schnee hier in Deutschland mal wieder rarmacht, muss man nicht gleich zusammen mit allen anderen in die Berge aufbrechen – es gibt durchaus Alternativen für den geneigten interplanetaren Urlauber.
 

Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier.

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