Nach der Explosion des Mondes ...
Neal Stephensons neuer Roman „Amalthea“
Der 1953 geborene Amerikaner Neal Stephenson („Anathem“) ist der Mann für die Tausender: Die seitenstarken Tür-Stopper, mächtigen Brocken und fetten Schwarten, die man kaum halten kann, wenn man sie liest, sodass man sich das Fitness-Studio für die Zeit der Lektüre eigentlich sparen kann. Auch sein neuester Roman „Seveneves“, der dieser Tage auf Deutsch unter dem Titel „Amalthea“ als stattliches Hardcover, praktisches E-Book und gewichtsloser Hörbuch-Download erschienen ist, führt satte 1056 Seiten ins Feld.
„Amalthea“ handelt davon, wie die Menschheit versucht, als Gattung die Apokalypse zu überleben. Die kommt zu Beginn des Romans in Form der plötzlichen Explosion des Mondes. Die Menschen flüchten in Archen in den Weltraum, wo der erdnahe Asteroid Amalthea die Kolonisten wie ein Schutzschild vor den Trümmern der lunaren Explosion abschirmen soll. Sieben hoch entwickelte neue Menschen-Stämme überleben im All und wollen 5.000 Jahre später schließlich wieder die Erde kolonialisieren, wo die Überlebenden der Katastrophe von einst nicht mehr als primitive Siedler sind …
Viele Seiten, viel Bandbreite, viele Facetten, viele Details – das ist typisch für die auf ihre ganz eigene Art unbestreitbar epische Science-Fiction von Neal Stephenson, der für sein Schaffen schon mit dem Hugo, dem Locus und dem Prometheus Award ausgezeichnet worden ist.
Neal Stephenson: Amalthea • Manhattan, München 2015 • 1056 Seiten • 29,99 Euro
Kommentare
Hm, der Mond exlodiert ... Das wird mir Stephenson sicherlich erklären können, bin gespannt.
Nach 100 Seiten wusste ich schon, warum das Buch über 1000 Seiten hat: Es ist mit technischem Geschwafel aufgeblasen. Dabei einerseits so detailverliebt – z.B. bei der Orbitalphysik - , als würde der Autor beweisen wollen, wie viel er weiß und recherchiert hat. Andererseits werden wichtige Fakten nur oberflächlich und so nebenbei erläutert. So z.B. die Grundprämisse des Buches: warum explodiert der Mond?.
Dieses Tech-Gebrabbel hemmt den Verlauf der Story immer und immer wieder und der Autor vergisst darüber vollends menschliche Aspekte: Die Charaktere sind äußerst flach und soziologische, persönliche und auch philosophische Hintergründe gibt es nur sehr sparsam.
So ist das Buch mit all der Länge äußerst zäh und unbefriedigend zu lesen, immer am Rande davon, es einfach halb gelesen wegzulegen. Ein dem Autor verpflichteter und nicht den Verkaufszahlen gewogener Lektor hätte das Buch um mindestens die Hälfte gekürzt.
Endgültig wird einem der Spaß am Buch verleidet, weil der Klappentext am Anfang des Buches ein einziger Spoiler ist: In knappen Worten wird ¾ der Story erzählt!
Wie kann Denis Scheck so etwas empfehlen und den Kurd-Laßwitz-Preis erhalten? Mich hat der Name Neil Stephenson zum Kauf verleitet, weil ich z.B. Snow Crash und The Diamond Age mit Genuss verschlungen habe. Ich hätte einfach meiner mir selbst gesetzten Regel vertrauen sollen, Ziegelstein-Bücher zu meiden.