7. Januar 2020

Story-Wundertüte

Jonathan Lethems Kurzgeschichtensammlung „Alan, der Glückspilz“

Lesezeit: 2 min.

Zu Beginn seiner Karriere schrieb Jonathan Lethem noch Zukunftsliteratur – für seinen Science-Fiction-Krimi „Der kurze Schlaf“ erhielt er 1994 sogar eine Nebula-Nominierung. Heute ist der 1964 geborene Lethem, der einen seiner wichtigsten Romane nach Supermans „Festung der Einsamkeit“ benannte und dessen hochgelobter Krimi „Motherless Brooklyn“ gerade verfilmt wurde und in die Kinos kam, einer der angesehensten US-Autoren der Gegenwart. Hierzulande fungiert Klett-Cottas Tropen-Imprint als Lethems verlegerisches Zuhause, wo zuletzt seine Storysammlung „Alan, der Glückspilz“ erschien.

Darin finden sich die zu erwartenden Geschichten über die schräge Großstadt und die neurotischen Menschen der Moderne, aber auch ein bisschen Fantastik und selbst Lethems alte Liebe Science-Fiction: ein genüssliches gegenwärtiges Märchen, das klingt, als wäre es von einem Alien erzählt; eine fesselnde Story über politische Gefangene, die in einer womöglich dystopischen, auf alle Fälle merkwürdigen Alternativwelt mitten in der Stadt in ein Loch im Boden gesteckt werden; eine Erzählung mit Comic-Figuren, die auf einer Insel stranden; eine herrlich bizarre Geschichte über einen leeren Raum in einem Familienhaus; und ein unkonventioneller Cyberspace-Krimi um einen Blog, der zu einem greifbaren Ort wird, der verteidigt werden muss. Daneben schreibt Lethem stilistisch gewohnt versiert noch über die zwei obsessivsten Fans des Königs der Sätze, einen Porno-Kritiker und einen Veganer in der Schwebe in SeaWorld.

Ob der Band für den Lethem-Erstkontakt geeignet ist, sei einmal dahingestellt – wer seinen großartigen Stil und seine wilden Storys jedoch seit Längerem mag, fühlt sich nach dem Lesen dieser Jonathan-Lethem-Wundertüte aber sicher wie ein Glückspilz.

Jonatha Lethem: Alan, der Glückspilz Tropen/Klett-Cotta, Stuttgart 2019 • 172 Seiten • Hardcover: 20 Euro

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