23. April 2021 3 Likes

Apokalypse aus der Schweiz: Jared Muralts „The Fall“

Die beste Comic-Serie zur Pandemie, die schon Jahre vor Corona startete

Lesezeit: 2 min.

Als der Schweizer Künstler Jared Muralt 2018 damit begann, seine 2016 konzipierte postapokalyptische Comic-Serie „The Fall“ im Eigenverlag zu veröffentlichen, war Corona noch kein Thema. 2020 wurde „The Fall“ in der deutschsprachigen Comic-Szene dann so etwas wie der Independent-Tipp zur Pandemie, die bekanntlich noch immer anhält, und liest sich seitdem umso eindrucksvoller. Im April soll nun das siebte Kapitel in Heftform publiziert werden, außerdem ist nach zwei deutschsprachigen Sammelbänden gerade ein erstes englischsprachiges Tradepaperback mit den Heften eins bis sechs herausgekommen – und zwar bei Image, also zwischen Bestsellern wie „The Walking Dead“, „Spawn“ oder den Titeln von Mark Millar. Die französische Ausgabe „La Chute“ bei Futuropolis wurde Ende 2020 mit dem Prix Le Soir beim Prix Atomium ausgezeichnet. Was für eine Erfolgsstory! Wer „The Fall“ in der einen oder anderen Fassung liest, versteht schnell, dass dieser Aufstieg für den Berner Selfpublisher absolut verdient ist.

Denn der 1982 geborene Muralt, der das Black Yard Studio für Illustration und Grafikdesign mitbegründete und für Mondo auch schon cooles Godzilla-Artwork produziert hat, inszeniert da eine packende, sensationell gut aussehende apokalyptische Geschichte. Mehrere Wellen eines aggressiven Grippe-Virus sowie das Versagen des Impfstoffes sorgen weltweit für den totalen Zusammenbruch des seit Langem angeschlagenen Systems. Alles geht den Bach runter. In Bern kämpfen Familienvater Liam und seine Kinder Sophia und Max ums Überleben. Viele Menschen sterben, die Vorräte gehen zur Neige, im Supermarkt wird mit Messern um den letzten Apfel gestritten, Nachbarn sind zu allem bereit, wilde Hunderudel streunen durch die Straßen, Soldaten und Milizen machen die Stadt zur militarisierten Zone. Doch nach der Flucht in die Alpen wird es für Liams leidgeprüfte Familie nicht leichter …

Jared Muralts „The Fall“ ist Cormac McCarthys „Die Straße“ näher als Robert Kirkmans „The Walking Dead“, und das darf natürlich als Kompliment betrachtet werden. Die Story bietet eigentlich ‚nur’ solide durchexerzierten Genre-Standard, aber wieder einmal machen die Figuren und die Inszenierung den Unterschied: Mit Liam und seinen Kids fiebert man rasch mit, und Muralts fein gezeichnete und kolorierte Bilder überzeugen von der ersten Seite an, lassen einen an Cliff Chiang, Geof Darrow und Moebius denken. Damit ist der Fall klar: Der beste, realistischste und deshalb erschreckendste apokalyptische Comic, den man während der Corona-Pandemie und des Lockdowns lesen kann, kommt als Ein-Mann-Projekt aus der Schweiz – und erobert inzwischen zurecht den internationalen Markt.

Abb.: © Jared Muralt

Jared Muralt: The Fall Bd. 1 & 2 • Tintenkilby Verlag, Bern 2019 & 2020 • je 64 Seiten • Softcover: je 15,80 Euro

Jared Muralt: The Fall Vol. 1 • Image Comics, Portland 2021 •152 Seiten • Softcover: 16,99 Dollar

Jared Muralt: The Fall Heft #7 • Tintenkilby Verlag, Bern 2021 • 44 Seiten • Heft: 4,90 Euro

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