8. November 2019 2 Likes

„Ich glaube an Anziehung auf den ersten Blick“

Im Gespräch mit John Marrs, Autor von „The One – Finde dein perfektes Match“

Lesezeit: 5 min.

Der Brite John Marrs (im Shop) arbeitete früher als Journalist für den Guardian, Total Film, Empire, den Independent und andere. Bei seinen ersten Romanen handelte es sich um Psycho-Thriller, ehe er schließlich den Science-Fiction-Pageturner „The One – Finde dein perfektes Match“ vorlegte, der bei Heyne als Paperback, E-Book und Hörbuch erschienen ist und von Netflix als Fernsehserie adaptiert wird. Im Roman hat eine Wissenschaftlerin das Gen entdeckt, das es ermöglicht, den einen idealen, genetisch verifizierbaren Partner zu finden … den perfekten Match eben. Dabei hilft die App Match Your DNA: Liegt die DNA des wissenschaftlich nachgewiesenen Seelenverwandten und Traumpartners in der Datenbank, kann man sich für weniger als zehn Pfund die Kontaktdaten zukommen lassen. Aber Match Your DNA sorgt nicht nur für einen Rückgang von One-Night-Stands, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit oder für reichlich Liebesglück im Singledschungel. Auch bis dato glückliche Ehen scheitern auf einmal wegen der App, weil die neugierigen Partner kein gegenseitiges Match zustande bringen und einer von beiden dann seine verbriefte große Liebe sucht. Außerdem kann dieser vermeintlich perfekte Partner am anderen Ende der Welt leben, krank sein, Geheimnisse haben – oder sogar als Serienkiller wüten. Im Interview spricht John Marrs über seine Erfahrungen mit Online-Dating, Recherche für psychopathische Mörder und die geplante Netflix-Adaption seines Romans.

 


John Marrs. Foto: Robert Gershinson

Hallo John. Glaubst du an die Liebe auf den ersten Blick und Seelenverwandtschaft?

Ich glaube an Anziehung auf den ersten Blick, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich an Liebe auf den ersten Blick oder Seelenverwandtschaft glaube. Bevor mein Mann und ich zusammenkamen, waren wir bereits für lange Zeit Freunde. Das gab uns, denke ich, ein festes Fundament für eine Beziehung, denn sobald uns klar wurde, dass es wirklich Anziehung gab, mussten wir uns nicht von unserer besten Seite zeigen. Wir kannten einander ja schon so gut.

Wie viel Erfahrung hast du mit Online-Dating gesammelt, bevor du „The One“ geschrieben hast – und war das womöglich sogar eine Inspiration?

Ein paar Jahre, bevor ich „The One“ schrieb, kam ich aus einer neunjährigen Beziehung. Während ich und mein Ex-Partner zusammen gewesen sind, waren Apps neben Websites der Weg geworden, über den viele Menschen einander fanden. Als ich damals frisch Single war, hat mir das die Augen dafür geöffnet, was sich alles verändert hatte! Das trug dazu bei, „The One“ zu inspirieren, denn ich habe viel Online-Dating betrieben. Ich stellte fest, dass viele Leute behaupten, nach ihrem Seelenverwandten Ausschau zu halten, sich damit jedoch selbst etwas vormachen. Nach links oder rechts zu wischen, kann eine Sucht werden, und selbst wenn manche Leute glauben, jemand für sie passenden gefunden zu haben, halten sie weiter Ausschau, nur für den Fall, dass das Gras auf der anderen Seite grüner sein und es noch jemand besseren für sie geben könnte. Damit will ich nicht sagen, dass sich die Menschen einfach direkt „niederlassen“ sollen. Ich bin lediglich der Ansicht, dass einige zu schnell das Schiff wechseln. Nicht immer fliegen die Funken gleich am Anfang, manchmal entwickeln sie sich ernst. Und die Feuer, die sie entfachen, sind die, die umso länger brennen.

Hattest du Sorge, dass deine Leser nach zwei Psycho-Thrillern einen Science-Fiction-Roman über eine Partnersuche-App eher skeptisch aufnehmen könnten?

Schon meine ersten zwei Psycho-Thriller, „Ich kenne deine Lügen“ und „Welcome To Wherever You Are“, haben sich stark voneinander unterschieden. „The One“ war sicher noch weiter von beiden entfernt. Doch ich überlegte mir: Wenn meine Leser willens waren, mir über zwei verschiedene Thriller hinweg die Treue zu halten, dann könnte ich sie mit „The One“ noch etwas weiter pushen. Und wenn sie „The One“ mochten, würden sie mich hoffentlich als Autor sehen, von dem sie nicht vorhersagen können, womit er als nächstes um die Ecke kommt. Das hält die Dinge sowohl für sie als auch für mich spannend.

In „The One“ erzählst du fünf Geschichten in einander abwechselnden Kapiteln. Wie bist du beim Schreiben vorgegangen?

Ich habe zunächst die Geschichte jedes Charakters geschrieben und dann in Sektionen aufgeteilt. An manchen Tagen habe ich vielleicht mehr über Christopher geschrieben, am nächsten etwas mehr über Nick. Es hing davon ab, in was für einer Stimmung ich war. Am schwierigsten war, zu entscheiden, in welche Reihenfolge ich sie am Ende bringen sollte.

Sind die auffallend kurzen Kapitel auch eine Reaktion auf die Schnelllebigkeit unserer Zeit und unser von einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne geprägtes Konsumverhalten?

Ich wollte unbedingt kurze, schnittige Kapitel. Da ich fünf Geschichten erzähle, hätten lange Kapitel bedeutet, dass manche Leser vielleicht Probleme gehabt hätten, die Figuren auseinanderzuhalten, und zurückblättern müssten, um ihre Erinnerung aufzufrischen. Mit kürzeren Kapiteln ist das hoffentlich nicht der Fall. Und ich mag Cliffhanger, also versuchte ich, an möglichst viele Kapitelenden einen davon zu packen. Ich wollte ein Buch, das die Leute einmal anfangen und dann nicht mehr aus der Hand legen können.

Man sagt immer, die Bösen machen beim Schreiben den meisten Spaß. Hat dir demnach dein psychopathischer Serienkiller Christopher das größte Vergnügen bereitet?

Natürlich! Weil er ganz anders als ich ist (hoffe ich!). Es hat Spaß gemacht, zu versuchen, in seine Gedanken zu gelangen, und dann von den üblichen Serienkiller-Stereotypen wegzukommen, weil er sich verliebt, obwohl er alles tut, um das zu vermeiden. Über seine Morde zu schreiben, war kein Vergnügen, und ich musste viel Online-Recherche betreiben, um herauszufinden, wie lange es dauert, bis eine Person durch Strangulation stirbt, oder bis man einen Körper riecht, der in Flammen steht.

Netflix wird deinen Roman als Fernsehserie umsetzen. Was erwartest du von der Adaption?

Die Dreharbeiten starten noch Ende des Jahres, aber ich habe nichts mit der Serie zu tun. Was mich betrifft, habe ich „The One“ so weit gebracht, wie ich konnte. Jetzt sind es andere Geschichtenerzähler, die sehen müssen, was sie daraus machen und welche Richtung sie einschlagen können. Ich bin nicht pretiös, was meine Romane angeht – ich habe 25 Jahre lang als Journalist gearbeitet, deshalb bin ich es gewohnt, Redakteure zu haben, die Blickwinkel verändern oder etwas umschreiben. Ich kann es allerdings nicht erwarten, zu sehen, was sie aus dem Buch machen!

Die Preisfrage zum Schluss: Würdest du eine App wie Match Your DNA nutzen und so nach dem perfekten Partner oder der Garantie für das eigene Beziehungsglück suchen?

Nein! Als ich Single gewesen bin? Wahrscheinlich. Aber ich bin mit allem, wie es jetzt ist, sehr glücklich, herzlichen Dank. Ich habe das Glück, denjenigen gefunden zu haben, der perfekt für mich ist … Wissenschaft könnte mich nicht zufriedener machen!

Willst du deinen deutschsprachigen Lesern noch etwas sagen?

Danke [Red.: auch im Original Deutsch] für euer Interesse an „The One“. Das ist nun mein drittes Buch, das ins Deutsche übersetzt wurde, und das weltweit bekannteste. Ich freue mich darauf, zu sehen, was ihr davon haltet! Auf Wiedersehen!

John Marrs: The One – Finde dein perfektes Match • Aus dem Englischen von Felix Mayer • Heyne, München 2019 • 496 Seiten • E-Book: 4,99 Euro (im Shop)

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