Nils Frahm: „Tripping With Nils Frahm“
Liveplatte vom Neoklassik-Maestro
Über Nils Frahm braucht man wohl kaum große Worte verlieren: Der Hamburger begeistert mit seiner Mischung aus Klassik und Elektro seit Jahren in ausverkauften Hallen Jung und Alt und sorgt zudem bei jeder neuen Platte dafür, dass die gesamte deutschsprachige Presse vor Freude Purzelbäume schlägt. Die Kollegen aus Großbritannien zum Beispiel sehen dagegen Frahm etwas kritischer und ich kann verstehen warum, denn so richtig warm geworden bin ich mit dem Aushängeschild der Neoklassik bisher auch nicht geworden und „Tripping With Nils Frahm“ demonstriert anschaulich wieso.
Das Album besteht aus Aufnahmen von vier im Funkhaus Berlin gespielten Shows und natürlich ist das grundsätzlich beeindruckend: Frahm versteht sein Handwerk durch und durch, die Songs sind bis ins Letzte ausgetüftelt, die Aufnahme ist glasklar und detailliert (man hört sogar den Pianoanschlag), alles ist tiptop und sehr geschmäcklerisch, aber es ist gerade diese aalglatte Überperfektion, die das Ganze zuweilen arg leblos klingen lässt. Zudem schleicht sich mit zunehmender Laufzeit eine gewisse Redundanz ein, da der Komponist kein großer Freund von Experimenten ist, sondern mit Vorliebe in ähnlich klingenden Soundgefilden wandelt.
Der Erfolg wundert jedenfalls nicht, hier peilt halt auch jemand ausverkauften Hallen und eine purzelbaumschlagende Presse an – zwei Solo-Klavierstücke („My Friend the Forest“ und „The Dane“) wirken regelrecht gefällig reingereicht, von Lang Lang gibt’s dafür mit Sicherheit ein Fleißbienchen. Etwas irritierend mutet übrigens an, dass auf diesem Live-Album keinerlei Live-Atmosphäre herrscht. Das Publikum ist nur an wenigen Stellen kurz zu hören, als ob Klatsch-Samples drübergestreut worden sind.
Aber ich will hier nicht den Querdenker geben: Die musikalische Könnerschaft des Mannes ist natürlich unbestritten und kann im parallel erschienen Konzertfilm ausgiebig bestaunt werden, und wer bisher mit Frahm Spaß hatte, wird hier ebenso auf seine Kosten kommen. Mir persönlich haben aber Actress und das London Contemporary Orchestra 2018 mit „LAGEOS“ gezeigt, wie man aus so einem Konzept weitaus mehr machen kann, als gut reinlaufende Hintergrundberieslung.
„Tripping With Nils Frahm“ lässt sich hier komplett anhören und praktisch überall käuflich erwerben.
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