30. Juli 2021

„Old“ – Alte Tricks von M. Night Shyamalan

Ein spannender Ansatz, ein zu viel erklärendes Ende

Lesezeit: 3 min.

Man kann über M. Night Shyamalan sagen was man will, doch ohne Frage gibt es im zeitgenössischen Hollywood-Kino kaum einen Autor und Regisseur, der eine so eigene Handschrift hat. Dass diese Handschrift allerdings nicht zuletzt daraus besteht, das Publikum mit einem besonders spektakulären Twist-Ende zu überraschen, ist ein Problem, das Shyamalan in seinem neuen Film „Old“ nicht ganz befriedigend gelöst bekommt. Er adaptierte die französische Graphic Novel „Sandburg“ Pierre Oscar Lévy und Frederik Peeters über weite Strecken sehr genau, am Ende aber nicht mehr – leider.

Das Konzept ist so einfach wie spannend: Eine malerische Bucht hat die Fähigkeit, Menschen altern zu lassen. 30 Minuten hier vergangene Zeit bedeuten ein Lebensjahr, wie die nur scheinbar bunt zusammengewürfelten Protagonisten schnell herausfinden. Zu ihnen zählt die Kleinfamilie Guy (Gael García Bernal), Prisca (Vicky Krieps) und die Kinder Trent und Maddox. Eigentlich sollte der Urlaub dazu dienen, die Beziehung zu kitten, nun geht es um Leben und Tod. Zusammen mit dem psychisch instabilen Arzt Charles (Rufus Sewell), dessen Model-Frau Chrystal (Abbey Lee), die an Kalziummangel leidet, einem Rapper, der Bluter ist, und ein paar anderen entbehrlichen Figuren findet sich die Familie an einem Strand wieder, der ihnen wärmstens empfohlen wurde.

Der Ressortmanager selbst hat sie an den Strand geschickt, gefahren wurden sie vom Regisseur persönlich, denn M. Night Shyamalan hält sich bekanntermaßen für einen Wiedergänger Hitchcocks und tritt in fast all seinen Filmen auch kurz selber auf. Hier hat dieser Gastauftritt allerdings eine interessante, möglicherweise selbstreflexive Note, die allerdings wie viel zu vieles in „Old“ nur angedeutet, aber nicht genügend verfolgt wird.

Am Strand jedenfalls eskaliert die Situation bald, das Altern der Kinder ist besonders frappierend, die Eltern bekommen dagegen nur langsam Falten, während eine alte Frau und ein Hund rasch das Zeitliche segnen. Ein Entkommen scheint nicht möglich und so fügt man sich bald in sein Schicksal. Für einige Momente wirkt es nun so, als wollte Shyamalan den Strand als Metapher für das Leben verstehen, andeuten, wie die Zeit unweigerlich vergeht, Dinge, die eben noch bedeutend erschienen, bald schon vergessen sind und sich als irrelevant herausgestellt haben. Die Eltern, die am Morgen noch kurz vor der Trennung standen, können sich am späten Nachmittag, also Jahre später, gar nicht mehr an die Gründe für den Streit erinnern.

Doch solch ruhigen, melancholischen Momente traut Shyamalan nicht wirklich und leider auch nicht der inhärenten Ambivalenz des Set-Ups. Denn während die Comic-Vorlage auf eine klare Auflösung verzichtete, werden in „Old“ keine Fragen offen gelassen. Die Erklärung ist zwar wiederum im Ansatz interessant und eröffnet schwierige, ethische Fragen, doch wie allzu vieles in dieser seltsamen Mischung aus Horror, Thriller, Fantasy und Soap Opera, bleibt auch dieser Aspekt nicht mehr als eine Andeutung.

Welch eigenwilliger Regisseur er ist bestätigt M. Night Shyamalan auch mit „Old“, doch im Versuch, immer wieder aufs neue mit einem möglichst originellen Twist-Ende zu überraschen, steht er sich diesmal selbst im Weg.

Abb.: Universal Studios

Old • USA 2021 • Regie: M. Night Shyamalan • Darsteller: Gael García Bernal, Vicky Krieps, Rufus Sewell • Kinostart: 29. Juli 2021

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