10. Februar 2022

„Moonfall“ – Der Mond ist auf-, nein, untergegangen

Roland Emmerich lässt es mal wieder Krachen – und entwickelt erstaunliche Größe

Lesezeit: 3 min.

Der Mond ist eine Scheibe. Nein, das war die Erde, oder? Dafür war der Mond aus Käse, die Mondlandung natürlich ohnehin ein Fake und Corona ein Komplott von Bill Gates. Seltsame Ansichten hatten und haben manche Menschen immer wieder. Eine Möglichkeit der Fiktion ist es, solche Ideen aufzunehmen und sich auszumalen, was wäre, wenn sie wahr wären.

Einer der großen Fantasten des zeitgenössischen Kinos, ein Regisseur, der in seinen besten Momenten auch etwas Visionäres hat, ist der deutsche Hollywood-Export Roland Emmerich. Zwischen Science-Fiction-Film und Katastrophen-Kino hat sich Emmerich im Laufe der Jahre bewegt, Versuche, mit etwas ernsthafteren Filmen Erfolg zu haben, scheiterten dagegen eher kläglich. Nun hat Emmerich „Moonfall“ gedreht, dessen Trailer zeigt, worum es hier geht, besser gesagt: Der andeutet, worum es hier geht. Der Mond scheint auf die Erde zu fallen, das verrät ja schon der Titel, aufgeregte Astronauten – Halle Berry und Patrick Wilson – erkennt man im Schnittgewitter, ein pummeliger Typ (John Bradley) ist ganz ohne Frage der Nerd vom Dienst, das Ende der Welt steht bevor und nur eine waghalsige Mission kann die Menschheit vor dem Untergang bewahren. Stimmt soweit alles und bietet Emmerich Anlass für einige seiner typischen Actionszenen, bei denen ganze Städte von Einschlägen vernichtet werden, Flutwellen Autos und Schiffe wie Spielzeug durch die Gegend werfen und die Helden wie immer im letzten Moment entkommen.

Das hört sich nicht nur so an wie Szenen aus „Independence Day“, „The Day after Tomorrow“ oder „2012“, sondern sieht auch so aus als wären Outtakes aus jenen Filmen ein wenig überarbeitet und neu zusammengeschnitten worden. Und auch die Oneliner haben Emmerich – verbal ja ohnehin kein Shakespeare – und seine Co-Autoren schon mal besser hinbekommen. Was „Moonfall“ aber dennoch sehenswert macht, ist, dass er sich nach und nach zu etwas entwickelt, dass zwar auf der Erde immer noch ein Katastrophenfilm ist, im All, auf dem Mond, dagegen harte Science-Fiction.

Was dort oben passiert, soll nicht verraten werden, zählt jedoch ohne Frage zum visionärsten, was Emmerich je geschrieben und inszeniert hat und hat weniger mit „Armageddon“ zu tun als mit „2001.“

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Schade nur, dass Emmerich im Herzen dann doch ein Ironiker ist, der nichts wirklich ernst nimmt. Was bei einem überdrehten Film wie „White House Down“ noch zu einer wunderbaren Satire über den amerikanischen Hang zum pathetischen Patriotismus führt, untergräbt hier Momente, in denen vom Entstehen des Universums oder den Ursprüngen der Menschheit die Rede ist. Im Zweifelsfall wählt Emmerich stets den einfachen Witz, als einen Moment des Staunens zu riskieren, so wie sie sein großes – und unerreichtes – Vorbild Spielberg hinbekommt.

Ein seltsamer Zwitter ist „Moonfall“ am Ende, stilistisch hochklassig, aber mit schablonenhaften Figuren bevölkert, mal klischeehaft, dann voller faszinierender Ideen. Mal lustlos runterinszeniert, dann mit Verve und Einfallsreichtum. Ein typischer Emmerich also, wenn auch mit Momenten absoluter Größe.

Moonfall • GB/ China 2021 • Regie: Roland Emmerich • Darsteller: Halle Berry, Patrick Wilson, John Bradley • Abb. Ascot Elite • ab 10. Februar im Kino

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