10. März 2025

Reingeschaut: „Leben ohne Ende“ – Die Zukunft wird depressiv

Eine Miniserie nach dem Roman-Klassiker von George R. Stewart

Lesezeit: 3 min.

The Last Man on Earth – ein Konzept der postapokalyptischen Science-Fiction, das im modernen Streaming-Zeitalter gefühlt jede Woche mit einer neuen Serie oder einem Film variiert wird. Der Titel stammt jedoch schon aus den 60ern, denn so hieß die mit Vincent Price besetzte Verfilmung von Robert Mathesons „I am Legend“ ein früher, 1954 erschienener dystopischer Roman. Der allerdings das Genre auch nicht erfand: Schon 1826 erschien Merry Shellys „The Last Man“, auf Deutsch „Verney, der letzte Mensch“, der, um Wikipedias Kurzbeschreibung zu zitieren: „von einer futuristischen Welt erzählt, in der eine Seuche verheerende Schäden angerichtet hat.“ Erstaunlicherweise also ziemlich exakt die Logline für einen Haufen moderner Filme, vielleicht auch die Beschreibung mancher Angst, die durch die Corona-Pandemie zusätzlich geschürt wurde.

Und auch „Earth Abides“, eine neue, von Todd Komanicki erdachte Miniserie, könnte so beschrieben werden. Neu ist der Stoff allerdings auch nicht, er basiert auf einem 1949 erschienenen Roman von George R. Stewart (dt. „Leben ohne Ende“, im Shop), der ein paar Jahre nach dem Abwurf der Nuklearbomben über Hiroshima und Nagasaki eine für die damalige Zeit vermutlich allzu realistisch erscheinende Möglichkeit imaginierte, was der Erde angesichts der Atomkraft und des zunehmend heißer werdenden Kalten Kriegs blühen könnte.

Natürlich wurde die Serien-Adaption in vielen Aspekten modernisiert, im Kern hält sie sich aber ziemlich genau an Stewarts Roman: Der Geologe Ish (Alexander Ludwig) kraxelt gerade in den Bergen herum, als er von einer Klapperschlange gebissen wird. Gerade so gelingt es ihm, das Gift aus der Wunde zu saugen, doch etliche Wochen verbringt er im Fieberwahn in einer abgelegenen Hütte. Als er wieder bei Sinnen ist und in die Zivilisation zurückkehrt, hat eine Seuche weite Teile der Menschheit ausgerottet.

Mit dem Auto macht sich Ish auf, kommt nach Las Vegas, wo er zwei Überlebende trifft, die es sich in einer Art postapokalyptischem Blues eingerichtet haben und auf ihr baldiges Ableben hoffen. Ish dagegen, im Aussehen eher einem rustikalen Holzfäller entsprechend, will nicht so schnell aufgeben, plündert nicht nur einen Supermarkt, sondern auch die Bibliothek: Bücher übers Fischen oder den Bau von Hütten scheinen sinnvolle Lektüre, auf dem Weg in die Natur trifft er auch auf eine zukünftig treue Begleitung: Einen Hund, den er auf den Namen Lucky tauft …

Der einsame Überlebende, der eine tierische Begleitung findet. Ein Topos, das inzwischen allzu bekannt erscheint, vom Hund, der Will Smith in der Neuverfilung von „I am Legend“ nicht von der Seite wich, über die Katze, die Lupita Nyong’o in „A Quiet Place: Tag Eins“ mit sich schleppte, bis hin zu Tom Hanks Volleyball in „Cast Away“: Mehr oder weniger lebendige Gesprächspartner braucht auch der (scheinbar) letzte Mann oder die letzte Frau, um nicht durchzudrehen.

Ein wenig zeigt sich hier das Problem einer Verfilmung, die zwar auf einem Buch basiert, das ganz am Anfang der Genre-Entwicklung stammt, aber nun Themen variiert, die zwar in der Luft liegen, aber in den letzten Jahren schon sehr, sehr oft durchgespielt wurden. Hier Neues zu erzählen fällt schwer, Komanickis spezieller Ansatz zeichnet sich zumindest in den ersten Folgen dadurch aus, was er nicht macht: Keine Zombies oder sonst wie Mutierten bedrohen Ish und die wenigen anderen Überlebenden, die Bedrohung scheint der Mensch an sich, der im Zuge der Katastrophe die Errungenschaften der Zivilisation zu vergessen droht.

Hier lag auch Stewarts Originalität, der den Satz aus dem Buch Kohelet (Salomo) der Bibel, das „earth abides“, auf Deutsch: „Eine Generation geht, eine andere kommt. Die Erde steht in Ewigkeit.“ Für den Menschen ist das nicht unbedingt ermutigend, bedeutet es doch, dass die Erde auch gut ohne ihre mächtigsten, aber auch zerstörerischsten Bewohner auskommen kann, es ihr vielleicht sogar besser geht, wenn es keine Menschen mehr gibt. Sehr ernst nimmt Komanickis diesen Satz, was der Serie eine bemerkenswert deprimierende Note verleiht. Kein Spaß hat Ish mit der Welt, in der er machen kann was er will, in der es keine Regeln mehr gibt, in der ihm alles gehört. Statt dessen bläst er Trübsal, zumindest bis er in Folge zwei auf eine weibliche Gefährtin trifft. Ob es auch für die Dauer der Miniserie gelingt, dem im Ansatz etwas verbrauchten Konzept, Originelles abzugewinnen, wird sich zeigen.

Leben ohne Ende • Earth Abides • USA 2024 • Creator: Todd Komanicki • Darsteller: Alexander Ludwig, Jessica Frances Dukes, Aaron Tveit • Jetzt bei MGM+ (via Amazon Prime) • sechs Folgen

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