29. Mai 2019 1 Likes

Glanzstück in einem Meer aus Rost

Robo-Postapokalypse: C. Robert Cargills Roman „Robo Sapiens“

Lesezeit: 2 min.

C. Robert Cargills Roman „Robo Sapiens“ setzt in einer Zukunft nach dem Klimawandel und dem Krieg zwischen der Menschheit und den künstlichen Intelligenzen ein. Die Erde gehört den Robotern und den Superrechnern, die gewonnen haben. Die Menschen wurden auf grausame Weise ausgelöscht, künstliches Leben überdauert, ohne zu prosperieren. Brittle gehört zu den Robotern, die im Rostmeer leben, einem dreihundert Kilometer breiten Wüstengengebiet aus Sand, Staub, Stein und Schrott, wo früher Michigan und Ohio zu finden waren. Brittle verfolgt andere Roboter, die auf der Suche nach Ersatzteilen in die Wüste kommen und angesichts ihrer Beschädigungen und ihrer fortschreitenden Fehlfunktionen dem Wahnsinn erliegen – und von Brittle für kostbare Teile abgeschaltet und ausgeschlachtet werden. Dann gerät Brittle selbst ins Ziel eines Roboter-Kannibalen, der auf ihre raren Bauteile scharf ist, und wird auch noch in den Krieg der Großrechner hineingezogen, dem sie sich bisher nach Möglichkeit stets entzog …

Der Amerikaner C. Robert Cargill (im Shop) nimmt das, was Isaac Asimov (im Shop), Philip K. Dick, James Cameron und Gale Anne Hurd dem Science-Fiction-Genre und seinen Robotern und Androiden an Grundsätzen brachten, und baut darauf eine interessante postapokalyptische Welt nach dem Aufstand der Maschinen auf. Das Worldbuilding erledigt er in eigenen Kapiteln, dem griffigen Abenteuer im Rostmeer steht die Aufarbeitung der Vergangenheit und der Roboterkriege nie im Weg. Auch den Subtext über die amerikanische Vergangenheit (Sklaverei) und die amerikanische Gegenwart (fundamentalistischer Populismus) webt der 1975 geborene Cargill angenehm dezent in seine Geschichte, die zudem der Frage nachgeht, was ein Individuum ausmacht und ob jeder an etwas glauben muss. Geek-Referenzen gibt es, obwohl es sich angesichts des Stoffes anbieten würde, nicht allzu viele, die Kapitelnummern in Binärzahlen sind wiederum eine nette nerdige Spielerei.

Cargill, der früher für Sites wie Ain’t It Cool News und Hollywood.com schrieb und zuletzt an den Filmdrehbüchern zu Sinister und Doctor Strange mitarbeitete, veröffentlichte bereits zwei Fantasy-Bücher, bevor er mit „Sea of Rust“ seinen ersten Science-Fiction-Roman vorlegte. Dessen deutscher Titel „Robo Sapiens“ trifft es ziemlich gut: Bei Cargill sind die Roboter um Ich-Erzählerin Brittle stark vermenschlicht. Beim Lesen stört das nie, viel mehr sorgt es dafür, dass man den Robotern gern und gespannt durchs Rostmeer folgt. Allerdings mögen sich Puristen an Robotern stören, deren Gedanken, Skrupel, Erinnerungen und Sinnfragen zu menschlich und emotional sind. Aber genau das ist Cargills konsequent und gefällig umgesetztes Konzept – lässt man sich auf das vermenschlichte Bezugssystem ein, kann man sich an einem unterhaltsamen, coolen und lange Zeit packenden Roboter-Roman erfreuen.

Die Aufhänger Postapokalypse, Aufstand der Maschinen und Künstliche Intelligenz bringen so einiges an mittelprächtiger Standardkost hervor. C. Robert Cargills „Robo Sapiens“ schimmert da wie ein Glanzstück in einem Meer aus Rost.

C. Robert Cargill: Robo Sapiens ∙ Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski ∙ Heyne, München 2019 ∙ 416 Seiten ∙ E-Book: € 11,99 (im Shop)

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