7. Juli 2015 4 Likes

Sommer-Blockbuster im Paperback-Format

Eine nicht ganz spoilerfreie Review zu James S. A. Coreys „Cibola brennt“

Lesezeit: 4 min.

Mit den ersten drei Bänden ihrer „The Expanse“-Serie (im Shop) haben die beiden Autoren Ty Franck und Daniel Abraham alles richtig gemacht und eine grandiose Space Opera geschrieben. Doch wie sieht es mit Band vier der Serie, die demnächst auch im Fernsehen zu sehen sein wird, aus? Vorneweg: Ja, auch bei Cibola brennt (im Shop) hat das Autorenduo alles richtig gemacht. Wer jetzt weiterliest, ohne Leviathan erwacht (im Shop), Calibans Krieg (im Shop) und Abaddons Tor (im Shop) gelesen zu haben, darf sich hinterher nicht über ein paar Spoiler beschweren, die sich notwendigerweise einstellen, wenn man den vierten Band einer Serie bespricht!

Cibola brennt ist anders als seine Vorgängerromane. Er ist ein Bindeglied zwischen dem, was in unserem Sonnensystem in den ersten drei Büchern passiert ist und wie die Menschen damit umzugehen versuchen, und dem, was die alles andere als einige Menschheit da draußen im großen, weiten All erwartet. Dazu machen die Autoren einen Zeitsprung von mehreren Jahren nach den Ereignissen von Abaddons Tor und verlegen die Handlung auf und in den Orbit um den Planeten Ilus, eine der ersten neuen Welten, zu denen die Menschheit Zugang hat, seit das Alien-Portal geöffnet ist. Eine Handvoll Siedler hat Ilus schnell in Besitz genommen und versucht jetzt, ein neues Leben auf dem Planeten aufzubauen. Hilfreich dabei ist, dass große Mengen Rohstoffe auf Ilus gefunden wurden, was den Großkonzern Royal Charter Energy auf den Plan ruft. Der versucht, die Kolonisten zu vertreiben, die wiederum nur einen Ausweg sehen: Sich mit Gewalt zu verteidigen. Ein Vermittler soll her, der die Lage entspannt: James Holden und seine Crew fliegen mit der Rosinante ins Ilus-System. Mit dabei ist natürlich auch Millers Geist, inzwischen ein Artefakt derselben Alien-Technologie, die auch die Portale erschaffen hat. Und mit seinem Eintreffen auf Ilus erwacht eine dritte Fraktion zum Leben, die seit Jahrtausenden auf Ilus schlummerte. Die Lage spitzt sich zu, als ein gewaltiger Sturm losbricht, der die Siedler in die Alien-Gebäude zwingt, wo sie mit der gefährlichen Fauna des Planeten fertigwerden müssen. Und auch im Orbit um den Planeten geht einfach alles schief …

Wie gewohnt wird in Cibola brennt aus verschiedenen Perspektiven erzählt, und die kurzen Kapitel enden samt und sonders mit einem Cliffhanger, sodass es wirklich schwer fällt, den Roman wieder aus der Hand zu legen. Ein einfacher, aber höchst effektiver Trick. Neben James Holden, der versucht, sich mit Millers Geist zu arrangieren, kommt diesmal der Terrorist wider Willen, Basia von Ilus, den wir bereits als Freund von Praxidike Meng aus Calibans Krieg kennen, die Wissenschaftlerin Elvi und Havelock, Millers ehemaliger Partner auf Ceres, jetzt für die Sicherheit auf dem Konzernschiff Edward Israel verantwortlich, zu Wort. So entsteht ein Roman, der verschiedene Konflikte auf verschiedenen Ebenen erzähltechnisch gekonnt miteinander verbindet.

Cibola brennt ist ein „Brückenroman“, in dem ein Grundstein für die kommenden Bücher gelegt werden soll. Neue Welten, neue Konflikte, neue Politik, alles auf rund 650 Seiten kurz skizziert, angedeutet, aber noch nicht ganz ausgearbeitet. Nicht nur bei dem großen, alles übergreifenden Mysterium der Alien-Technologie wird eine neue Richtung eingeschlagen, auch bei den Beweggründen der Figuren, die jetzt plötzlich über den Tellerrand unseres Sonnensystems hinausschauen müssen, ist einiges im Fluss. Dass sich Cibola brennt nicht anfühlt wie ein Mittelstück, ist vor allem den alten Bekannten James Holden und Ex-Detective-jetzt-Geist Miller geschuldet, denen es zufällt, die Türen zu den Mysterien dieses Universums aufzustoßen. Auch diese beiden zentralen Figuren sind dabei, sich auf das Neue und Unbekannte einzustellen, und auch die beiden machen es sich nicht unbedingt leicht. Und weil es allen anderen Figuren auch so geht, hat man zwischenzeitlich das Gefühl, als wollte James Corey hier ein Panoptikum der schlechtesten menschlichen Eigenschaften zeigen. Ich habe eine vage Ahnung, wohin das in den nächsten Romanen noch führen wird, aber die sei an dieser Stelle nicht verraten.

Die einzigen wirklich schwachen Stellen in Cibola brennt liefert die Wissenschaftlerin Elvi Okoye, die im Auftrag des Konzerns auf Ilus landet. Die Autoren versuchen, sie uns als brillante Wissenschaftlerin zu verkaufen, aber was nach dem Lesen von ihr im Gedächtnis zurückbleibt ist, dass sie James Holden anschmachtet und diese Leidenschaft damit abzukühlen versucht, dass sie mit ihrem Kollegen ins Bett steigt. Und das von den Menschen, die uns geniale weibliche Figuren wie Chrisjen Avasarala oder Bobbie Draper gegeben haben – das geht besser, meine Herren! Hoffen wir, dass Elvi in den nächsten beiden Büchern, die auf Deutsch ebenfalls bei Heyne erscheinen werden, nicht wieder auftaucht.

Alles in allem gehört Cibola brennt, wie auch schon die Vorgängerromane, in die Kategorie „Blockbuster-Buch“, das man entspannt in der Hängematte im Garten verschlingen kann und sich dabei prächtig unterhält.

James Corey: Cibola brennt • Roman • Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • 652 Seiten • € 11,99 • im Shop

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