Super krasse Mathe-Detektivin
Action satt in S. L. Huangs SF-Romankrimi „Nullsummenspiel“
S. L. Huang (im Shop) machte ihren Abschluss am MIT und wirkte als Stuntfrau und Waffenexpertin an bekannten Fernsehserien wie „Battlestar Galactica“ und „Raising Hope“ mit – ihren bis dato größten Geek-Moment hatte Hollywoods erste Waffenmeisterin, als sie von Nathan Fillion kaltgemacht wurde. 2014 veröffentlichte Huang ihren ersten Roman im Selfpublishing-Bereich, inzwischen erscheinen ihre von Kollegen wie Ken Liu und Richard Kadrey gelobten Bücher bei großen Verlagen, ihre Storys in Science-Fiction-Magazinen wie „Analog“ und „Strange Horizons“. Mit „Nullsummenspiel“ liegt nun Huangs erster Roman über die Privatermittlerin Cas Russell auf Deutsch vor.
Cas ist ein Mathegenie. Egal was sie sieht oder macht, ihr Verstand versorgt sie sofort und konstant mit Zahlen, Formeln und Vektoren. Wer jetzt aber an ein Nerd-Mauerblümchen denkt, hat sich verrechnet: Die krasse, knallharte und ziemlich rücksichtslose Cas nutzt ihre mathematisch-physikalische Weltsicht nämlich in ihrem Job als Privatermittlerin, die sich auf die Wiederbeschaffung von Personen spezialisiert hat. Es kann also schon mal passieren, dass Cas dank ihrer Begabung wie Spider-Man die Wand hochgeht, wie ein Flughörnchen auf Drogen durch die Gegend springt oder einen wahren Kunstschuss vollbringt. Doch Cas braucht auch jeden Vorteil bei ihrem neuesten Fall. Denn was als Befreiung einer jungen Frau aus den Fängen eines kolumbianischen Drogenkartells beginnt, entpuppt sich als viel mehr. Cas stolpert über eine unglaubliche Verschwörung, die Einfluss auf höchster Ebene nimmt und vor der nicht einmal die eigenen Gedanken sicher scheinen. Genügen Cas’ Mathefähigkeiten und ihre Verbündeten – ein Privatdetektiv mit Skrupeln und ein streng gläubiger Killer ohne Gewissen –, um die Konfrontation mit diesem Gegner zu überstehen? Die Berechnungen laufen …
S. L. Huang vereint in ihrem Romandebüt „Nullsummenspiel“, dem im Original bisher drei Sequels folgten, zwei erwiesen erfolgreiche Formeln: Zum einen setzt sie auf eine taffe, schnoddrige Ermittlerin – zum anderen geht es in deren Welt einigermaßen übermenschlich und übernatürlich zu. Jetzt ist S. L. Huang keine Sara Gran und ihre Cas Russell keine Claire DeWitt, und ihre Welt trotz allem nicht das Marvel-Universum … aber die Richtung stimmt schon. Außerdem drückt Huang das Gaspedal gleich zu Beginn ihres Romans durch und bleibt bis zum Ende drauf. Action steht klar im Vordergrund von „Nullsummenspiel“, das sich nie in den Erklärungen von Cas’ Fähigkeit verliert, deren Visualisierung in Prosaform jedoch ziemlich gut funktioniert (man kann sie sich bestens in einer TV-Adaption vorstellen und muss spontan an die unterhaltsame „Limitless“-Fortsetzung im Serienfernsehen denken). Dass Huang bei all der Action eher an der motivischen und charakterlichen Oberfläche bleibt und nicht unbedingt die komplexesten aller Figuren oder geschliffensten aller Dialoge im Gepäck hat, ist dem Konzept geschuldet und wird von allen Beteiligten in Kauf genommen – das Gegenstück eines ‚klassischen’ Actionfilms eben. Hin und wieder übertreibt es Huang allerdings etwas mit dem Kaliber.
Dennoch, wer für zwischendurch mal wieder Popcorn-Lektüre sucht, kann sich trotz der mathematischen Formeln auf der Tüte „Nullsummenspiel“ reinziehen.
S. L. Huang: Nullsummenspiel • Aus dem Amerikanischen von Stefanie Adam & Kristof Kurz • Heyne, München 2019 • 431 Seiten • E-Book: 9,99 Euro (im Shop)
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