15. Februar 2020 2 Likes

Auf dem Weg in die Unendlichkeit

Der schwedische Science-Fiction-Film „Aniara“ ist nichts für Optimisten

Lesezeit: 3 min.

Weil er das einzige Wesen auf der Erde ist, dass ein Bewusstsein seines Selbst entwickelt hat, neigt der Mensch dazu, sich massiv zu überschätzen. In Bezug auf seinen Einfluss auf die Erde, vor allem aber was seine Rolle im großen Ganzen unseres Universums angeht. So unvorstellbar groß ist es, dass die Erde, die Menschen, nicht wirklich von Belang sind.

Ein schönes Bild für diese Erkenntnis findet sich in „Aniara“, einem wunderbar meditativen schwedischen Science-Fiction-Film: Eine winzige Wasserblase, die in einem Rest Flüssigkeit am Boden eines Glases schwebt, dient da als Metapher für die Erde, die uns Menschen mit unserer beschränkten Wahrnehmung als riesig erscheint, die im großen Ganzen jedoch vollkommen irrelevant ist.

Das Leben wird immer weiter gehen, auch wenn der Mensch längst ausgestorben ist; das ist die gleichermaßen ernüchternde, wie realistische Erkenntnis, die am Ende von „Aniara“ steht, nach einem letzten Zeitsprung von knapp sechs Millionen Jahren. Am Anfang steht der Beginn einer Reise von drei Wochen, von der Erde – auf der Kriege toben, die zunehmende Umweltzerstörung ein Leben langsam unmöglich macht – zum Mars, wo zwar keine grünen Wiesen wachsen, aber die Hoffnung lebt.

Mit einem riesigen Raumtransporter fahren 8000 Passagiere zum Mars, doch bald bringt ein Ausweichmanöver den Transporter vom Kurs ab – für immer. Aller Treibstoff wurde verbraucht, allein die vage Aussicht, irgendwann nah genug an einem Planeten vorbeizukommen und mit Hilfe dessen Gravitation ein Umkehrmanöver einzuleiten, schafft Hoffnung.

So hat die Hauptfigur Mimaroben (Emelie Jonsson) auf einmal viel zu tun, denn sie betreut eine Künstliche Intelligenz Namens Mima, die vermag, die Gedanken, Träume, aber auch Ängste eines Menschen zu nehmen und in einer Virtual Reality zum Leben zu erwecken. Doch bald schicken die Menschen so viele Ängste und Bilder von Leid und Zerstörung in die Synapsen der KI, dass selbst diese genug von der destruktiven Natur des Menschen hat.

Erstaunlich zeitgemäß wirkt der Film von Pella Kågerman und Hugo Lilja, wie eine Reflexion über unsere Gegenwart, dabei basiert er auf einem Stoff von 1956. Eine sehr ungewöhnliche IP war Vorlage, das Poem „Aniara – Eine Revue vom Menschen in Zeit und Raum“, des schwedischen Autors Harry Martinson, der vor allem dafür später mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Zu einer Art Ersatzerde entwickelt sich der Raumtransporter, der im Inneren aussieht wie eine Mischung aus Einkaufszentrum und Kreuzfahrtschiff, womit zwei der extremsten Exzesse unserer Konsumwelt vereint sind. Doch diese Form der Ablenkung hilft nur eine gewisse Zeit, um das Wissen um die Unausweichlichkeit des eigenen Todes vergessen zu machen. Kulte formen sich, manche Menschen sehen als einzigen Ausweg den Suizid, auch Kinder bieten nur bedingt Hoffnung.

Viel düsterer als „Amiara“ kann Science-Fiction kaum sein, von utopischen Hoffnungen ist hier nichts zu spüren. Dafür von der Schwere des langsamen Akzeptieren der Erkenntnis, das wir Menschen nur Sternenstaub sind.

„Aniara“ ist gerade bei Euro Video als DVD, Blu-ray und VOD erschienen.

Aniara • Schweden, Dänemark 2018 • Regie: Pella Kågerman & Hugo Lilja • Darsteller: Emelie Jonsson, Bianca Cruzeiro, Arvin Kananian, Anneli Martini, Jennie Silfverhjelm

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