„The Crow“ – Mit Eyeliner und Samuraischwert gegen das Böse
Eine Neuauflage des Kult-Klassikers versucht ihr Bestes
Auch schon 30 Jahre sind vergangen, seit im Sommer 1994 Alex Proyas „The Crow“ ins Kino kam, eine frühe Comicverfilmung, die sich erstaunlicherweise zum Kultfilm entwickelte. Wohl auch, weil Hauptdarsteller Brandon Lee bei den Dreharbeiten ums Leben gekommen war, wie tragischerweise auch sein Vater Bruce Lee fast exakt 20 Jahre zuvor.
Vor allem aber gelang es dem damaligen Regisseur Alex Proyas hervorragend, den Zeitgeist einzufangen und mit dem ermordeten Musiker Eric ein perfektes Sinnbild für das depressive, gerne drogensüchtige Klischee eines Goth- oder Grungemusikers zu kreieren, der mit sich und der Welt haderte, aber große Gefühle in sich trug. Dazu passte es dann auch, dass „The Crow“ zufälligerweise ziemlich genau einen Monat nach dem Selbstmord Kurt Cobains in den amerikanischen Kinos startete.
Diverse Fortsetzungen mit sinnigen deutschen Untertiteln wie „Die Rache der Krähe“ oder – besonders generisch – „Tödliche Erlösung“ folgten, doch bald war es auch damit vorbei.
Wie das aber mit Kultfilmen so ist: Irgendjemand besitzt die Rechte und glaubt mit einer Neuauflage einfaches Geld verdienen zu können. Nach Jahren der Entwicklung ist es nun der mit „Snow White and the Huntsman“ und „Ghost in the Shell“ Remake-erfahre Rupert Sanders, der sich an einer Neuauflage von „The Crow“ versucht. Und zumindest optisch gibt der irgendwo in Osteuropa gedrehte Film einiges her. Besonders für die Zwischenwelt in der der von Bill Skarsgård gespielte Eric nach seiner Ermordung landet, fanden Sanders und sein Setdesigner ein spektakuläres Setting, das irgendwo zwischen verfallener Industrieanlage und verrottetem Bahnhof angesiedelt wirkt. Hier wird Eric mit den Mechanismen der Zwischenwelt vertraut gemacht: Manchmal kommt es vor, dass etwas so Schlimmes passiert, dass einem Verstorbenen die Möglichkeit gegeben wird, in die Welt der Lebenden zurückzukehren, um ein großes Unrecht zu sühnen.
Und so ein Unrecht erlebten Eric und seiner großen Liebe Shelly (FKA twigs), bevor eine finstere Unterwelttruppe sie ermordete. Diese Truppe, die für den feisten, selbstverliebten Milliardär Vincent Hoeg (Danny Huston) arbeitet, bewacht das Geheimnis ewiger Jugend, für das dummerweise mit schöner Regelmäßigkeit unschuldige Seelen an den Teufel verkauft werden müssen, aber was tut man nicht alles für die eigene Unsterblichkeit?
Eric jedenfalls kehrt bald mit fettem schwarzen Eyliner, der wunderbar zu den vielen Tattoos passt, die seinen langen, schmalen Körper bedecken, in die Welt der Lebenden zurück, hat allerdings zunächst Probleme, seine Fähigkeiten wirklich zu schätzen. Zumal er zwar kaum zu töten ist, egal wie viele Kugeln die Helfershelfer der Bösen in ihn reinpumpen, er aber dennoch Schmerz empfindet.
Zumindest anfangs, denn später scheint auch dieser kleine Haken vorbei zu sein, was Sanders zu exzessiven Blutorgien in einem offenbar sehr gut schallisolierten Opernhaus nutzt, in dem das Publikum auch dann ruhig sitzen bleibt, als in Lobby und Treppenhaus Eric mit Pistolen und Samuraischwert munter vor sich hin meuchelt.
Das passt dann zwar nur noch bedingt zum Anfangs geradezu ruhigen, melancholischen Ton, der die Tragik der zerstörten Liebe betont. So ganz scheint Rupert Sanders nicht zu wissen, welche Zielgruppe er hier anzusprechen versucht, auch musikalisch wirkt „The Crow“ nicht aus einem Guss, und führt von Joy Division bis Enya. Was dann aber auch wieder passend für einen Film erscheint, der für sich genommen gar nicht schlecht funktioniert, es am Ende aber doch nur bedingt schafft, die Schatten des kultigen Originals hinter sich zu lassen.
The Crow • USA 2024 • Regie: Rupert Sanders • Darsteller: Bill Skarsgård, FKA Twigs, Sami Bouajila, Josette Simon, Laura Birn, Danny Huston • ab 12. September im Kino
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