„Fallout“ – Vergnügliche Postapokalypse
Eine gelungene Adaption der legendären Games-Reihe
Lange Jahre konnte man sich kaum vorstellen, wie in den Nachkriegsjahren die Angst vor einer nuklearen Katastrophe eine ständige, bedrohliche Präsenz war. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, der unterschwelligen Drohung, taktische oder gar strategische Atomwaffen einzusetzen, den Kämpfen um Atomkraftwerke, wirkt die Gefahr eines nuklearen Winters wieder etwas realer. Gleichermaßen passend und unpassend wirkt da die Adaption der legendären Spiele-Reihe „Fallout“, deren erste Staffel nun bei Amazon Prime zum streamen bereitsteht. Passend, weil sie eine postapokalyptische Welt zeigt, die zwei Jahrhunderte nach einen nuklearen Armageddon eine desolate Wüste ist, unpassend, weil die Macher diesen Ausgangspunkt nicht als Anlass für eine düstere, deprimierende Serie genommen haben, sondern für eine oft sehr lustige, sarkastische, sehr blutige und dadurch sehr sehenswerte.
Mit der Handlung der Games hat die TV-Serie kaum etwas zu tun, „Fallout“ spielt in der Fallout-Welt und variiert auf clevere Weise die Besonderheiten der Computerspiele. Als Showrunner agierten Graham Wagner und Geneva Robertson-Dworet, aber es wirkt als hätten die ausführenden Produzenten Lisa Joy und Jonathan Nolan (der bei den ersten drei Folgen auch Regie führte) erheblichen Einfluss auf die Atmosphäre der Serie gehabt, die oft wie eine Variation von deren Erfolgsserie „Westworld“ wirkt.
Was vor allem an Walton Goggins liegt, einem von drei Hauptdarstellern der verschachtelt erzählten ersten Staffel. In den 50er Jahren, also vor der Nuklearkatastrophe, war der von Goggins gespielte Cooper Howard ein Star in TV-Western, der wegen Sympathien zu linken Kreisen seinen Job verlor. In der Zukunft spielt Goggins eine Variation einer Cowboy-Figur, eine entstellte Gestalt namens Ghoul, die einsam und mit Poncho und Cowboy-Hut bekleidet durch die postapokalyptische Landschaft zieht.
Seine Pfade kreuzen bald die von Lucy (Elle Purnell), eine Bewohnerin von Vault 33, wo sich eine der vielen im Untergrund lebenden Gesellschaften gebildet hat, die auf jeweils eigene Weise eine neue Welt leben. Erst als Lucys Vater Hank (Kyle MacLachlan) gekidnappt wird, wagt sich Lucy als erste ihres Vault an die Oberfläche – und erlebt ein Kalifornien, das nicht wiederzuerkennen ist.
Dritter im Bunde ist schließlich Maximus (Aaron Moten), ein Waise, der sich dem Orden „Brotherhood of the Steel“ angeschlossen hat, eine finstere Söldner-Truppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Technologien zu finden und zu erhalten.
Wie diese Handlungsstränge zusammen führen mag nicht unbedingt originell oder überraschend sein, reicht aber aus, um bei der Stange zu bleiben. Und das lohnt sich, weniger der Handlung, als des Stils und des Humors wegen. Augenscheinlich sehr viel Geld hatten die Macher zur Verfügung, um eine über und unter der Oberfläche überzeugende, bis ins kleinste Detail liebevoll ausgestattete postapokalyptische Welt zu kreieren, die fast so etwas wie ein immersives Erlebnis erzeugt.
Selbst steuern kann man die Figuren zwar nicht in und durch diese Welt, das macht aber nichts. Reich an visuellen Ideen sind die Bilder, und wie Kenner der Spiele berichten, haben es die Macher auch nicht versäumt, einen Haufen Easter Eggs zu verstecken. Vor allem aber sind die acht Folgen überreich an sowohl skurrilen, wie geradezu exzessiv brutalen Momenten, in denen in bester Horror-Manier Köpfe zerplatzen und deformierte Wesen angreifen. Das dadurch die Postapokalypse weniger furchterregend, sondern amüsant wirkt, macht den besonderen Charme einer Serie aus, der es gelingt aus dem an sich fast schon zu Tode gefilmten Feld der dystopischen Postapokalypse, etwas Neues, Originelles zu finden.
Fallout • USA 2024 • Darsteller: Ella Purnell, Aaron Moten, Walton Goggins • acht Folgen, jetzt bei Amazon Prime
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