25. Februar 2025

„Families Like Ours – Nur mit Euch“ – Dänemark säuft ab

Flüchtlings-Soap mit ’nem Spritzer Klimakrise

Lesezeit: 3 min.

Die Idee ist grundsätzlich ziemlich gut: Angesichts dessen, dass derzeit sehr, sehr viele Menschen die Asyldebatte ernsthaft für wichtiger für ihr Alltagsleben halten als Themen wie unter anderem Bildung, Wohnraum, ÖPV, Klimaschutz oder Rente, ist es natürlich reizvoll mal durchzuspielen, was wäre, wenn mal wohlstandsverwöhnte Europäer eines Tages fliehen müssten.

Zusätzliche Schärfe kriegt „Families Like Ours – Nur mit Euch“ noch dadurch, dass hier Dänen das Land verlassen müssen. Dänemark gilt aufgrund äußerst rigider Migrationspolitik seit einiger Zeit als Wunderland ohne Probleme. Wenig Flüchtlinge, dadurch kaum Rechte, alle glücklich, den ganzen Tag. Dass die Rechten durch diese Art von Politik keineswegs verschwunden sind und dass auch Dänemark massiv mit Fachkäftemangel zu kämpfen und aus diesem Grund die Zügel lockern musste: Egal. Was nicht passt …

Jedenfalls: Ungemein reizvolle Grundidee, gemacht wird daraus leider nicht annähernd so viel, wie man von Regisseur und Co-Autor Thomas Vinterberg erwarten könnte, dafür steigt nicht ohne Grund ein flaues Gefühl im Magen auf, wenn der Vorspann preisgibt, dass die Kitschbude ARD Degeto an der Produktion beteiligt ist.

Erzählt wird von einem Dänemark in naher Zukunft, das wegen der Klimakrise kurz vor einer Überflutung steht, weswegen die Bewohner evakuiert und das Land zu einem riesigen Windpark umgebaut werden soll. Jacob bekommt von den Plänen der Regierung dank seinem Schwager Nicolaj, einem Regierungsangestellten, frühzeitig mit und versucht schnell das Haus zu verkaufen, um mit seiner Familie nach Frankreich überzusiedeln. Tochter Laura wollte eigentlich erst mit, entscheidet sich dann aber der Mutter zu folgen, denn Jacobs Ex-Frau muss aus finanziellen Gründen ins billigere Bukarest. Eine Entscheidung, über die sich nicht nur Jacob, sondern ebenso Elias, mit dem Laura seit kurzem zusammen ist, wenig erfreut zeigt. Nicolaj und sein Ehemann Henrik wollen nach England auswandern …

Vinterberg nutzt das etablierte, mittlerweile vielleicht aber etwas abgegriffene Muster von einem großen Ereignis über ein bestimmtes Arsenal an Figuren zu erzählen, irrlichtert aber wie ein Teil seiner Figuren orientierungslos in der Gegend rum.

Es ist wenig überraschend und natürlich absolut löblich, dass der Regisseur nicht in den Ronald-Emmerich-Modus schaltet, aber die drohende Katastrophe schaut nur gelegentlich kurz in Form von Meldungen im Radio oder Internet oder überlaufenden Gullis in der Handlung vorbei und rückt über weite Strecken komplett in den Hintergrund. Dringlichkeit entsteht dadurch nicht gerade.

Lieber flüchtet sich die Serie ins bei Serien so beliebte soap-haftig Persönliche, zeichnet sich da aber durch eine gewisse Zerrissenheit aus. Auf der einen Seite werden die Figuren regelrecht bloßgestellt. Jacob und Co. stolpern derart unbedarft durch Europa, treffen oft derart wenig nachvollziehbare Entscheidungen, dass man schon bald an eine Art Satire glaubt, was dadurch Nahrung bekommt, dass in einer Szene in Paris ein befreundeter Arbeitgeber Jacob vorwirft: „Ihr seid unglaublich verwöhnt. Aber die Realität wird euch bald einholen.“. Anderseits begegnet „Families Like Ours“ seinen privilegierten First-World-Flüchtlingen und deren zahlreichen Problemen – nicht alle haben mit der Flucht zu tun, die gemächlich voranschreitende Serie leistet sich auch allerlei Abschweifungen – mit großer Ernsthaftigkeit und fordert mit manipulierender Musik immer wieder ein Mitfühlen ein.

Vor allem beim Kern des Films: Die Liebesgeschichte zwischen Laura und Elias soll wohl groß und tragisch wirken, da die beiden bis zum Wiedersehen allerhand durchmachen müssen, ist aber völlig unterentwickelt, da kaum Szenen zusammen stattfinden, eine tiefere Verbindung lediglich Behauptung bleibt.

Natürlich waren noch andere Produktionsfirmen beteiligt, aber „Families Like Ours“ wirkt, als ob hier ein großartiger Auteur, der in der Vergangenheit durch präzise gezeichnete Figuren und messerscharfe Gesellschaftsanalysen („Das Fest“, 1998; „Die Jagd“, 2002) begeistern konnte und die Produzenten von „Praxis mit Meerblick“, „Die Landärztin“ und „Das Traumhotel“ einen Frontalzusammenstoß gehabt haben.

Families Like OursDänemark/Schweden/UK/Norwegen/Belgien/Frankreich/Deutschland 2024 • Regie: Thomas Vinterberg • Darsteller: Amaryllis April Maltha August, Nikolaj Lie Kaas, Esben Smed, Paprika Stehen, Albert Rudbeck Lindhardt Mediathek der ARD

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