18. November 2023 1 Likes

„A Murder at the End of the World“ – Mord auf Island

Eine vor allem stilistisch und atmosphärisch ambitionierte Miniserie

Lesezeit: 3 min.

Gerade in Zeiten der Irritation, wenn globale Krisen zu überwältigen scheinen, sehnen sich viele Menschen nach Anführern, nach Personen, die Antworten geben, die einen Weg aus der Krise, in eine bessere, sichere Zukunft kennen oder ihn zumindest zu kennen scheinen. Sekten sind das oft, Glaubensgemeinschaften, zu denen man nicht nur die Kirche zählen mag, sondern auch Gruppierungen wie Scientology, aber auch die Extinction Rebellion, Last Generation und manch andere.

So seltsam und oft befremdlich solche Gruppen im echten Leben oft wirken, so interessant sind sie auf der großen oder der kleinen Leinwand, als Sujet für Filme oder Serien, die mit den Mitteln der Überwältigungsästhethik vom Wunsch nach klaren Antworten in einer zunehmend unklaren Welt erzählen.

Mit ihrem Film „The East“ und der Netflix-Serie „The OA“ hat sich das Autoren und Regie-Duo Brit Marling und Zal Batmanglij zwei Werke vorgelegt, die mit großer filmischer Emphase von unterschwellig dystopischen Gruppierungen erzählten. Nun hat das Duo für Disney+ die siebenteilige Miniserie „A Murder at the End of the World“ gedreht, die schon im doppeldeutigen Titel Vielschichtigkeit und Komplexität behauptet, die am Ende nicht ganz eingelöst werden kann.

Hauptschauplatz ist tatsächlich so etwas wie das Ende der Welt: Das schneebedeckte Island, wo nicht umsonst viele Science-Fiction-Filme wie „Interstellar“ gedreht wurden, ein verlassener, verwunschener Ort, an dem sich in der Serie der Tech-Milliardär Tomas (Clive Owen) eine mondäne Unterkunft hat bauen lassen. In dieses Retreat hat er nun eine Riege der klügsten Köpfe der Menschheit eingeladen, um mit ihnen über Möglichkeiten zu diskutieren, wie den großen Problemen der Gegenwart und Zukunft begegnet werden kann.

Auch zu Gast ist Darby Hart (Emma Corin) eine True Crime-Autorin, die bald in nicht nur einem Mord am Ende der Welt ermittelt. Fast soviel Zeit wie in dieser eisigen Gegenwart verbringt die Serie aber in der Vergangenheit, im heißen Süden der USA, wo Darby zusammen mit ihrem Schreib- und zwischenzeitlichem Lebenspartner Bill (Harris Dickinson), eine lange zurück liegende Mordserie aufzuklären sucht.

Wie diese beiden Ebenen verbunden sind ist eine der vielen Fragen, die Marling und Batmanglij geschickt in den Raum stellen. Sehr langsam, mit bewusstem Einsatz filmischer Mittel, markanten Bildern und einer düsteren, unheimlichen Tonspur wird ein Gefühl der Bedrohung evoziert, das mal wie eine typische Serienkillergeschichte wirkt, dann wie eine Variation des „Knives Out“-Muster, zumal Clive Oven einer jener typischen, im Kino und TV der Gegenwart so beliebten Tech-Milliardäre gibt, der alles im Griff zu haben scheint und der Technolgie praktisch blindlings vertraut. Die ist in diesem Fall die KI Ray, ein als Hologram auftretender guter (?) Geist, den Tomas nicht Artificial sondern Alternative Intelligence nennt.

Vor allem atmosphärisch überzeugt die Miniserie, legt viele Fährten, manche substanziell, manche eher oberflächlich, spielt mit Science-Fiction, aber auch dystopischen Motiven, scheint immer wieder auf globale Probleme vom Klimawandel bis zur Resourcenknappheit anzuspielen und folgt doch konsequent dem Muster einer True Crime-Erzählung. Das sich „A Murder at the End of the World“ am Ende nicht ganz zu den Höhen aufschwingen kann, die angedeutet werden, mag man verschmerzen. Bis zum Finale schlagen Marling und Batmanglij genug Volten, um die Spannung hoch zu halten, vor allem aber erweisen sie sich als effektive Filmemacher, die atmosphärisch eindringlich erzählen.

A Murder at the End of the World • Creator: Brit Marling & Zal Batmanglij • sieben Folgen ab 17. November bei Disney+

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