10. November 2016 3 Likes

Make America Great Again – in Space?

Was der zukünftige Präsident der USA mit der NASA vorhaben könnte

Lesezeit: 4 min.

Auch wenn der erste Schock bereits abgeklungen ist – ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass demnächst ein Mann, der denkt, Schutzimpfungen würden Autismus auslösen und Klimawandel wäre eine Erfindung der Chinesen, um die USA wirtschaftlich zu schwächen, das Land regieren wird, das einst Menschen zum Mond gebracht hat. Trump und die Wissenschaft scheinen, zumindest suggerieren es die Äußerungen des seltsamen orangefarbenen Mannes auf Twitter, auf Kriegsfuß zu stehen. Trump-Kritiker befürchten nun, dass dieses scheinbar schwierige Verhältnis verheerende Folgen für die Budgetierung der NASA haben könnte.

Der President-elect äußerte sich während des Wahlkampfes nicht wirklich zu seinen Plänen für die Erforschung des Weltraums und der NASA – und hielt sich so alle Türen offen. „Wir müssen zuerst die Schlaglöcher hier auf der Erde stopfen“, so Trump gegenüber dem American Institute for Aeronautics and Astronautics, „ehe wir zum Mars aufbrechen.“ Die Höhe der finanziellen Zuwendungen für die NASA macht er abhängig von der wirtschaftlichen Lage in den Staaten. Welche Zukunft President Trump für die NASA geplant hat, ist dementsprechend schwer zu sagen.

Vor kurzem erschien ein Kommentar von Robert S. Walker, dem ehemaligen Vorsitzenden des Wissenschaftskomitees des Repräsentantenhauses, der wahrscheinlich zu Trumps NASA-Beratungsteam gehören wird, und Wirtschaftsprofessor Peter Navarro auf spacenews.com. Sie schlagen vor, die eher erdorientierten Forschungsmissionen der NASA – beispielsweise Klimaforschung – der National Oceanic and Atmospheric Association (NOAA) zu übertragen, sodass die NASA sich wieder voll und ganz auf den Weltraum konzentrieren könne. Unter Präsident Obama war diese Earth Science Division, die mehrere Satelliten zur Klimabeobachtung im Erdorbit hat, mit immer größeren Budgets finanziert worden, die nach einer Neuorientierung für die bemannte Raumfahrt eingesetzt werden könnten. Konkrete Pläne, die auch die Finanzierung NOAAs für diesen Fall vorstellen, gibt es zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Und nachdem Trump seine Einstellungen zum Thema Klimawandel mehr als deutlich gemacht hat, stellt sich die Frage, ob diese Übernahme nicht eher ein Ausschleichen sein könnte.

Die Weltraumagentur hält nach dem Ende des Constellation-Programms unter Präsident Obama die Augen eisern auf ein Ziel im All gerichtet: den Mars. Dafür entwickelt Houston das SLS-Raketensystem und die Orion-Kapsel, aber beide drohen, ihren finanziellen Rahmen zu sprengen, ehe sie auch nur vom Boden abheben. Detaillierte Pläne für eine bemannte Mars-Mission der NASA gibt es nicht, und auch in Sachen Habitat, Lebenserhaltungssysteme und interstellarem Transportfahrzeug hält sich die Agentur bisher bedeckt. Daher wurde auch im Kongress bereits die Frage laut, inwiefern die NASA ihr Ziel überhaupt erreichen könne. Stattdessen spielt man nun in Trumps Umfeld mit der Idee einer Rückkehr zum Mond. Eine Basis auf dem Erdtrabanten gilt vielen, darunter auch Astronaut Buzz Aldrin, als Sprungbrett zum Mars, und einige Mitglieder des Kongresses sehen das ähnlich. Ein möglicher Schritt zur Beschaffung von Geldmitteln für ein Mond-Programm könnte die Beendigung der Asteroid Redirect Mission sein. Sie sieht vor, einen erdnahen Asteroiden in eine Umlaufbahn um den Mond zu bringen, wo er von vier Astronauten in einer Orion-Kapsel untersucht werden kann. Den Kritikern zufolge steht der der finanzielle Aufwand dieser Mission in keinem Verhältnis zu den möglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Eine Mond-Mission wäre auch politisch eher ein Gewinn, denn anders als die Mars-Mission wäre sie in viel kürzerer Zeit erfolgreich zu bewerkstelligen – ein Prestigegewinn für den nächsten Wahlkampf. Und da andere Weltraumagenturen, etwa die ESA und China, ohnehin zum Mond wollen, stünde auch einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit nichts im Wege. Und die kommt immer gut an. Inwiefern China, die angeblichen Erfinder der Klimawandels, unter Trump gemeinsam mit der NASA hier wirklich zum Zuge kommen könnten, ist mehr als fraglich. Nach allem, was der „angry orange man“ während des Wahlkampfes zum Thema China vom Stapel gelassen hat, sehe ich dafür trotz aller Ideen von Walker und Navarro eher schwarz.

Ein Punkt, in dem Trumps NASA-Politik mit der Obamas übereinstimmen dürfte, ist der Fokus auf eine Zusammenarbeit der Weltraumagentur mit privaten Unternehmen wie SpaceX oder Blue Origin. Ersteres bringt bereits jetzt regelmäßig Fracht zur ISS, die nach und nach zu einer quasi-öffentlichen Einrichtung werden soll – ein Ziel, dass den Plänen der NASA sehr entgegenkommt, denn die Agentur will sich bis 2024 Von der ISS zurückziehen. Für die Koordinierung von staatlicher und privater Weltraumforschung sollte, so Walker, der National Space Council, den Präsident Clinton 1993 abgeschafft hatte, wieder eingeführt werden. Das könnte das Ende für Orion oder SLS bedeuten, denn SpaceX arbeitet parallel an einem eigenen Schwerlasttransportsystem und Raumkapseln, und auch Blue Origin haben entsprechende Pläne. Die NASA könnte also auf eines der beiden Systeme oder gar beide verzichten und stattdessen intensiver mit SpaceX zusammenarbeiten – und so weitere Gelder sparen, die an anderer Stelle eingesetzt werden könnten.

Der NASA scheinen also insgesamt einige Veränderungen ins Haus zu stehen, die nicht unbedingt schlecht sein müssen. Inwiefern diese Ideen unter Präsident Trump tatsächlich Wirklichkeit werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Mauern neigen dazu, langfristig mehr zu kosten als gedacht – davon können wir in Deutschland ein Lied singen. Weltraumagenturen wie die NASA planen sehr viel langfristiger als Politiker, die sich von einer Wahlperiode zur nächsten hangeln. Und doch ist es die Politik, die über die Finanzierung solcher Projekte entscheidet. Ein stabiles Budget ist die Grundvoraussetzung für die bemannte Mars-Mission schlechthin, und dasselbe gilt auch für eine Mission zum Mond. Mit jemandem an der Spitze, der sich mehr auf Schlaglöcher denn auf Krater konzentriert, könnten der NASA trotz allen guten Ideen harte Zeiten ins Haus stehen. Das Ende der Weltraumagentur bedeutet das allerdings nicht, denn wie Trump im Wahlkampf immer wieder betonte: „I love NASA. I love what it stands for.“ Drücken wir unseren amerikanischen Freunden also auch in dieser Hinsicht die Daumen.

Titelbild: Project Apollo Archive

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