18. September 2015 3 Likes

Magie der Technik

Ein Interview mit der österreichischen Schriftstellerin Ursula Poznanski

Lesezeit: 4 min.

Seit August steht mit „Layers“ der neue Near-Future-Roman der bekannten Jugendbuch- und Thrillerautorin Ursula Poznanski in den Läden. Nun befindet sich die Wienerin auf Lesereise und präsentiert ihr neuestes Werk, in dem es um die Macht der Technik über unsere Entscheidungsfindung geht. Mit diezukunft.de sprach sie u. a. über ihre Inspiration und die Recherchearbeit zur Datenbrille „Visioner“.


Foto © Jeff Mangione
© Loewe Verlag GmbH

Hallo Frau Poznanski, vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben!

Auf der Vorab-Lesung in Frankfurt haben Sie erzählt, dass Sie an „Layers“ sechs Monate geschrieben haben. Können Sie uns etwas mehr zu der Entstehungsgeschichte und Ihrer Arbeitsweise an dem Roman erzählen?

Die Arbeitsweise ist bei mir eigentlich immer die gleiche: Ich suche mir Ansatzpunkt und Auflösung des Plots, werde mir über ein paar Schlüsselszenen und die wichtigsten Charaktere klar – und dann fange ich an zu schreiben. Das war bei „Layers“ genauso. Da kam dann noch die Recherche zum „Kernthema“ dazu, über das ich zu Beginn so gut wie gar nichts wusste.

In den letzten Jahren haben Sie einige Preise für Ihre Romane erhalten. Haben diese Einfluss auf Ihre Arbeit?

Eigentlich nicht, wenn man davon absieht, dass sie natürlich ein Ansporn sind. Ich schreibe nach einem Preis möglicherweise beflügelter, aber technisch nicht anders.

Leserinnen und Leser interessiert natürlich immer, woher Autorinnen und Autoren ihre Inspiration nehmen. Was hat Sie vor allem zu ihren Jugendbuchtiteln („Erebos“, „Eleria“-Trilogie) und nicht zuletzt zu „Layers“ inspiriert?

Vor der Frage fürchte ich mich immer ein wenig, weil sie so extrem schwer zu beantworten ist. Es ist bei jedem Buch anders. Manchmal sind es ein Erlebnis oder ein Gespräch oder ein Zeitungsartikel, die eine Idee anstoßen. Manchmal ist es für mich selbst überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, woher sie gekommen ist. Bei „Erebos“ war es ein Browsergame, das ich entsetzlich langweilig fand, bei der Eleria-Trilogie die zentrale philosophische Frage nach Gut und Böse. Bei „Layers“ letztendlich auch eine Frage; was nämlich passieren würde, wenn unsere Sinne plötzlich nicht mehr vertrauenswürdig sind.

Die (nahe) Zukunft ist in Ihren Werken ein zentrales Thema. Was reizt Sie daran, ihre Geschichten in dieser Zeit spielen zu lassen?

Dass man bereits Vorhandenes weiterdenken kann. Es gibt natürlich bei jedem heutigen Phänomen unendlich viele Möglichkeiten, wie sie sich entwickeln und wohin sie führen werden. Eine davon aufzugreifen und in aller Konsequenz weiterzuspinnen, macht riesigen Spaß.

In „Erebos“ und „Layers“ spielt die Technik eine wichtige Rolle. Warum sind technologische Entwicklungen attraktive Sujets für Autoren?

Vielleicht sind sie das ja gerade für Autoren wie mich, die in Wahrheit von Technik nicht den geringsten Schimmer haben. Dadurch bekommt sie etwas beinahe Magisches, und damit zu spielen macht großen Spaß.

Technik benötigt natürlich immer auch Recherche. Auf der Vorab-Lesung haben Sie erwähnt, wie Sie zum Thema Datenbrille recherchiert haben. Können Sie uns etwas mehr darüber erzählen? Wie weit sind Google Glass und Co. von dem Visioner entfernt?

Ich habe mit einem Professor von der Technischen Universität Wien gesprochen, der im Feld „Augmented Reality“ forscht. Das war sehr aufschlussreich – die bisher bestehende Technik ist zwar noch ein ziemliches Stück vom „Visioner“ entfernt, aber in Ansätzen bereits vorhanden. Mit einer entsprechenden Fotodatenbank ist Personenerkennung zum Beispiel kein Problem mehr.

Wahrheit, Macht, Manipulation sind weitere Themen in „Layers“. Ein jugendlicher Held wie Dorian verstrickt sich regelrecht in ein solches Geflecht und weiß nicht, wem er trauen kann. Müssen sich Jugendliche heutzutage viel stärker mit der Vielschichtigkeit solcher Themen auseinandersetzen?

In gewisser Weise wahrscheinlich schon. Über das Internet haben sie viel mehr und vielfältigere Kontakte als das früher der Fall war. Manipulation kann aus ganz neuen Ecken kommen. Das gilt aber nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene.

Während „Erebos“ noch in London spielte und wahrscheinlich jede/r Ihrer Leserinnen und Leser ein ungefähres Bild von der Stadt und ihren Bewohnern hat, könnte „Layers“ in jeder Großstadt mit einem U-Bahn-/Tramsystem, einer Universität und einer Bibliothek spielen. Welche Vor- bzw. Nachteile bieten Lokalisierungen? Eine Geschichte aus Wien hätte sicherlich auch ihren Charme gehabt.

Für „Layers“ war es nicht wichtig, in welcher Stadt die Handlung spielt. Ich dachte mir, es wäre schön, wenn jeder sich seine eigene Stadt vorstellen kann. Das war tatsächlich eine bewusste Entscheidung; wenn man genau liest, kommen aber zweimal Straßennamen vor, aus denen man schließen könnte, welche Stadt ich vor Augen hatte.

„Layers“ ist ein klassischer „All Age“-Roman. Obwohl die Geschichte aus der Sicht von Jugendlichen erzählt wird, können auch Erwachsene etwas aus der Lektüre mitnehmen. Öffnet dieses Format den Leserkreis oder ist es „nur“ die perfekte Möglichkeit, Ihre beiden Zielgruppen zu  vereinen?

Ich muss gestehen, ich denke nicht in Zielgruppen, oder nur sehr vage. Ich schreibe vor allem so, wie ich es gern lesen würde und hoffe, dass möglichst viele andere meinen Geschmack teilen. Ich mache auch wesentlich geringere Unterschiede zwischen dem Schreiben von Erwachsenenromanen und solchen für Jugendliche, als man denken sollte. In meinem Kopf sind die Übergänge ziemlich fließend.

Im Herbst erscheint mit „Fremd“ Ihr nächster Thriller, der eine Zusammenarbeit mit Ihrem Kollegen Arno Strobel (u a. „Das Dorf“, „Schlusstakt“) ist. Können sich Ihre Fans erneut auf ein manipulatives Spiel mit der Wahrheit einstellen?

Oh ja, absolut. Und das auf völlig andere Art als bisher.

Vielen Dank für das Gespräch!

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