19. März 2019

Conan Doyle und Bram Stoker ermitteln

Graham Moores Meta-Roman „Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“

Lesezeit: 2 min.

Sir Arthur Conan Doyle schenkte der Welt den Meisterdetektiv Sherlock Holmes, der von Asimov (im Shop) bis Zelazny (im Shop) viele nachfolgende Autoren inspirierte, und natürlich den Science-Fiction-Klassiker „Die vergessene Welt“ samt Professor Challenger. Conan Doyles Freund und Kollegen Bram Stoker verdanken wir wiederum Obervampir Graf Dracula, der bis heute ebenfalls viele Werke speist, selbst Alternativwelt-Epen wie Kim Newmans „Anno Dracula“-Serie oder endzeitliche SF-Varianten des Vampirthemas wie Guillermo del Toros „The Strain“ (im Shop). Nur wenige Ikonen der Popkultur wurden öfter adaptiert oder geremixt als Holmes und Dracula – für manch einen sind sie zudem ganz reale historische Persönlichkeiten, für andere zumindest eine reale Beschäftigungsgrundlage. In Graham Moores gewitztem Roman „The Sherlockian“ von 2010, der bei Eichborn als „Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ soeben erstmals auf Deutsch erschienen ist, stehen allerdings Sir Arthur Conan Doyle und Bram Stoker als Protagonisten im Mittelpunkt.

Conan Doyle ermittelt im viktorianischen London des Jahres 1900 – kurz nachdem er seinen berühmten Ermittler aus der Baker Street 221B an den Reichenbachfällen in der Schweiz versenkte und kanon-technisch die Große Zäsur einläutete – im Fall eines Frauenmörders und eines Bombenattentäters, wobei Stoker ihm als gutmütiger Watson zur Seite steht. Die zweite Handlungsebene des Romans, die in der Gegenwart einsetzt, widmet sich dem unsicheren, naiven Sherlock-Geek Harold White, der just in die Reihen der Baker Street Irregulars – der Elite der Holmes-Gelehrten und Sherlockianer um Leslie Klinger – aufgenommen wurde. Das Mitgliedertreffen, das unter anderem Harolds Initiation dient, wird von einem Mord überschattet, in dem Harold umgehend ermittelt und Holmes’ Methoden anwendet. Elementar. Der Fall in 2010 hängt obendrein mit den Ereignissen in 1900 und mit Conan Doyles verschollenem Tagebuch zusammen …

Graham Moore erhielt 2014 für sein Drehbuch zum Film „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ mit „Sherlock“-Darsteller Benedict Cumberbatch einen Oscar. In seinem Romandebüt verknüpft er geschickt zwei Epochen und Fälle, die beide spannend und unterhaltsam geraten sind, außerdem funktioniert der hohe Meta-Faktor des Buches jederzeit und bereitet einem als Holmes-Fan viel Freude. Fakt, Fiktion und Spekulation ergeben also ein sehr vergnügliches Spielchen für Anhänger des klassischen Krimis, seines wohl berühmtesten Autors und des noch wesentlich berühmteren Meisterdetektivs.

Graham Moore: Der Mann, der Sherlock Holmes tötete • Eichborn, Köln 2019 • 480 Seiten • Hardcover: 22,00 Euro

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