Frank Pé (1956–2025)
Der Naturpoet des frankobelgischen Comics ist im Alter von 69 Jahren gestorben
In den meisten Comics ist die Natur allenfalls dekorative Kulisse. In Frank Pés Werken spielte sie die Hauptrolle. Frank Pé, 1956 in Ixelles im Großraum Brüssel geboren, war in den 1980ern einer der Erneuerer des frankobelgischen Jugendcomics. Von den jungen Wilden, allen voran natürlich Moebius, die ab 1975 in Métal hurlant mit gebotener Chuzpe dem Erwachsenencomic ein neues Antlitz verpassten, zeigte er sich durchaus fasziniert, aber seine Fixsterne waren Franquin und Peyo, deren Traditionen er im Spirou-Magazin stilistisch aufgriff und mit einer surrealistischen Natur-Poesie vereinte.
Dort erschien seine wichtigste Reihe „Jonas Valentin“, eine Zusammenarbeit mit dem Szenaristen Michel de Bom, die es zwischen 1987 und 2003 zwar nur auf fünf Alben brachte, doch dank des liebevollen Blicks auf die einheimische Flora und Fauna bis heute einzigartig geblieben ist. Bereits 1978 startete in Spirou die Rubrik „Papiers de Broussaille“, die „Papiere von Jonas Valentin“, in der ein Teenager mit wachem Blick und großer Neugier durch Wald und Wiesen flaniert und die Welt der Tiere und Pflanzen beobachtet – wie es auch Pés Leidenschaft war. Schon in diesem gewitzen Biologieunterricht – meist One-Pager, gelegentlich auch Kurzgeschichten – konnte es vorkommen, dass der Protagonist auch mal einem konsternierten Dinosaurier begegnet oder in einem Tagtraum bis weit in die Wolken hinein einen gigantischen Baum erklimmt (sämtliche Episoden lassen sich in der beim Splitter Verlag erschienenen zweibändigen Gesamtausgabe nachlesen).
In den Alben gab es dann kein Halten mehr: Je nach Gemütslage sieht Jonas Valentin mitten in seinen bezaubernden Alltagsabenteuern riesige Schildkröten durch die Stadt fliegen oder einen als Straßenbahn fungierenden Riesenwels, der die mies gelaunten Fahrgäste auf seinem Rücken durch die Straßen transportiert. Und wie schon in den „Papieren“ sind die hingebungsvollen Details der Zeichnungen atemberaubend. Dass manchmal auch hier schon explizit wie zwischen den Zeilen der Klimawandel gefürchtet, der Raubbau an der Natur kritisiert wird, verleiht den Bildern gegenwärtig eine schmerzhafte Dringlichkeit: Die von Pé so akribisch dargestelle Landschaften stehen heute vor dem Kollaps, und viele der in den „Papieren“ porträtierten Tiere befinden sich mittlerweile auf der Liste der gefährdeten Arten.
Frank Pé blieb dieser Linie treu und beschrieb in seinem weiteren Meisterstück „Zoo“ das Grauen des Ersten Weltkriegs anhand der Tiere eines Zoos in der Bretagne, für deren Rettung sich eine Gruppe gleichgesinnter Figuren einsetzt. Doch Pés Werk beschränkte sich nicht nur auf den Comic: Für Warner arbeitete er an „Excalibur“ mit, später in Berlin dann am Animationsfilm „Der kleine Eisbär“, schließlich für das belgische nWave Studio an „Robinson Crusoe“. Die Modellierarbeiten mit Gips und Plastilin für die digitalen Effekte weckten den Reiz an Skulpturen und Bronzefiguren, an denen er sich ebenfalls einige Jahre lang erfolgreich versuchte. Doch bleib der Comic Pés steter Wegbegleiter. Er entwickelte die McCay-Hommage „Little Nemo“, zeichnete das „Spirou und Fantasio“-Spezial-Album „Das Licht von Borneo“ und zuletzt die zweiteilige Re-Interpretation des Marsupilami-Mythos „Die Bestie“, die allesamt von Pés Liebe zu den Tieren beseelt sind, die schwelgerisch inszeniert werden.
Nun ist Frank Pé am 29. November im Alter von 69 Jahren gestorben und nur sein Œuvre bleibt uns als Trost in einer Welt, die ihn mehr denn je gebraucht hätte.
Foto ganz oben: Dupuis.
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