1. Mai 2018 4 Likes

Von A nach B

Fünf alternative Arten des Reisens, die bestimmt viel ungefährlicher als Tal M. Kleins Teleport sind

Lesezeit: 5 min.

„Der Raum wurde für etwa drei oder vier Sekunden völlig finster, dann gab es einen hellen weißen Blitz, und als das Licht anging, fand ich mich in einem identischen Raum wieder, jedoch mit einem Unterschied: An der Wand vor mir stand VESTIBÜL.“ Im Foyer geht man in den Teleporter, im Vestibül kommt man wieder heraus – so einfach sind Reisen in Tal M. Kleins neuem Roman „Der Zwillingseffekt“ (im Shop), zumindest auf dem Papier. Doch die vermeintlich sichere Technik hat so ihre Tücken, wie Joel Byram herausfinden muss, als er aus Versehen nicht teleportiert, sondern kopiert wird und es ihn plötzlich zweimal gibt. Sagen Sie lieber „Nein danke!“ zum Teleport und verlassen Sie sich bei Ihrer nächsten Reise lieber auf eine dieser sicheren und zuverlässigen (und spektakuläreren) Methoden:

1. Trippin‘: Der Holtzmann-Antrieb (Frank Herbert: „Der Wüstenplanet“)

Warum sollte ich mich auf den Weg zu einem weit entfernten Planeten machen, wenn dieser Planet genauso gut zu mir kommen könnte? Das scheint sich auch Frank Herbert gefragt zu haben, als er an „Der Wüstenplanet“ gearbeitet hat. Wie gut, dass es in Paul Atreides‘ ferner Zukunft den Holtzmann-Effekt gibt, der zwar nie wirklich erklärt wird, im Dune-Universum aber für eine ganze Reihe von technischen Annehmlichkeiten sorgt. So kann man mit dem Holtzmann-Effekt nicht nur einen praktischen Schutzschild erzeugen, sondern auch den Raum falten. Doch diese Sache hat einen Haken: neben dem eigentlichen Holtzmann-Antrieb braucht man einen Navigator dazu, der so mit dem Gewürz, der Droge, die einzig und allein auf dem Wüstenplaneten Arrakis gefunden wird, vollgepumpt ist, dass er in der Lage ist, bestimmte Muster im gefalteten Raum zu erkennen und nach ihnen zu navigieren. Der designierte Fahrer ist bei Herbert also derjenige, der am meisten intus hat – na, Prost Mahlzeit!
Frank Herbert: Der Wüstenplanet • Roman • Aus dem Amerikanischen neu übersetzt von Jakob Schmidt • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • Paperback • 800 Seiten • € 14,99 • im Shop

2. Joyride: die orgasmische Sprungtechnik (Norman Spinrad: „Kind des Glücks“)

Im Zweiten Raumfahrenden Zeitalter bewegt sich die Menschheit per Sprungantrieb von Planet zu Planet; eine Technik, die wir in den Überresten einer fremden Zivilisation gefunden haben. Diese Maschine benötigt jedoch eine menschliche Komponente, um ihren Zweck zu erfüllen: eine Lotsin, die in einem schwerelosen Modul schwebt und deren Gehirn vom Antrieb so stimuliert wird, dass sie sich mit der Maschine synchronisiert, bis sie einen rein mental hervorgerufenen Orgasmus bekommt, der wiederum den Sprung auslöst, der das Schiff und alle seine Passagiere im Durchschnitt 3,8 Lichtjahre weit transportiert. Für längere Reisen sind also mehrere Sprünge nötig. Die Technik funktioniert nur mit Frauen, die bereit sind, sich freiwillig dem Antrieb … äääh … hinzugeben. Zudem sind die geistigen Voraussetzungen nur bei ganz wenigen Frauen gegeben, sodass nicht jede Lotsin werden kann. Von den psychologischen Auswirkungen ganz zu schweigen: wiederholte Raumsprünge führen mitunter zu Depressionen und sind generell nicht ungefährlich. Wer sich hier an Bord wagt, wird dafür mit unvorstellbarem Luxus belohnt …
Norman Spinrad: Kind des Glücks • Roman • Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • E-Book • € 4,99 • im Shop

3. Erzähl mir mehr: das russische Stargate (Sergej Lukianenko: „Spektrum“)

„Einsam ist es hier und traurig.“ Mit dieser rituellen Floskel beginnen die Schließer, die außerirdischen Wächter der interplanetaren Portale, den Reiseprozess derjenigen, die durch eines dieser Portale wollen. Um die Einsamkeit und Traurigkeit zu vertreiben, muss man ihnen eine Geschichte erzählen, und danach entscheiden die Schließer, ob man passieren darf oder nicht. Nach welchen Kriterien das passiert, ist unklar; man weiß nur, dass sie Geschichten aus Romanen, Filmen oder aus der Geschichte eines Planeten immer ablehnen und dass man nie zweimal dieselbe Geschichte erzählen kann. Erlebnisse, die dem Reisenden selbst wiederfahren sind oder die er einmal erzählt bekommen hat, sind schon eher Erfolg versprechend. Der Nachteil: Wenn man Pech hat und dem Schließer nichts erzählen kann, was ihm gefällt, sitzt man unter Umständen eine ganze Weile auf dem Planeten fest – dagegen wirken Dinge wie Vulkanausbrüche, die den Flugverkehr auf unserem Planeten ab und zu lahm legen, geradezu harmlos!
Sergej Lukianenko: Spektrum • Roman • Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann • Wilhelm Heyne Verlag, München 2017 • Taschenbuch • 720 Seiten • € 11,99 • im Shop

4. Je mehr, desto besser: der Spindizzy (James Blish: „Die fliegenden Städte“)

Raumschiffe oder Portale sind ja schön und gut, aber dabei ist das Gepäck doch arg limitiert. Sie wollen mit dem kompletten Hausstand ins All aufbrechen? Warum nicht gleich die ganze Nachbarschaft mitnehmen? James Blishs Spindizzys machen es möglich! Dieser Anti-Gravitationsantrieb heißt eigentlich „Dillon-Wagoner Graviton-Polaritäts-Generator“ und basiert auf einer Theorie des britischen Physikers und Nobelpreisträgers Patrick S. Blackett von 1947. Er versuchte zu beweisen, dass das Magnetfeld der Erde das Resultat der Erdrotation sei. Damit wollte er Newtons Gravitationskräfte und Coulombs Elektromagnetismus vereinen, erkannte jedoch schnell, dass sein Ansatz nicht tragfähig war. James Blish adaptierte Blacketts Idee: Wenn eine rotierende Masse durch die Gravitationskräfte ein Magnetfeld erzeugt, würde Rotation plus Magnetfeld eine Anti-Gravitation erzeugen, mit der man eine Masse von einem Planeten anheben könnte. Je größer die Masse, desto effektiver dieser Antrieb – deswegen ist es wirtschaftlicher, ganze Städte ins All zu fliegen, als einzelne Raumschiffe anzutreiben. Zuhause ist es eben doch am schönsten!
James Blish: Die fliegenden Städte • Vier Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Ralph Tegtmeier • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • E-Book • € 5,99 • im Shop

5. Die Rechnung, bitte: die Bistr-O-Matik (Douglas Adams: „Das Leben, das Universum und der ganze Rest “)

Wenn es um spektakuläre Arten geht, durch die Galaxis zu reisen, kommt man an Douglas Adams (im Shop) nicht vorbei. Obwohl der Unendliche Unwahrscheinlichkeitsantrieb wohl am besten bekannt ist, ist dieses Triebwerk weder das einzige, noch das absurdeste, was sich Adams je ausgedacht hat. In „Einmal Rupert und zurück“ beispielsweise sinnierte Adams, dass das einzige, was sich noch schneller fortbewegt als das Licht schlechte Nachrichten sind, und ließ deswegen die Bewohner des Planeten Arkintoofle Minor einen Schiffsantrieb bauen, der mit schlechten Nachrichten angetrieben wird – mit dem Ergebnis, dass die Aliens nirgendwo willkommen sind. Doch sich selbst übertroffen hat Adams mit der Bistr-O-Matik, dem Antrieb der Bistr-O-Math. Er basiert auf der Erkenntnis, dass Zahlen innerhalb eines italienischen Bistros völlig anderen Gesetzen gehorchen als außerhalb, und dass sie vom Verhalten der Gäste im Bistro abhängig sind. Auf dem Rechnungsblock des Kellners prallen somit Wirklichkeit und Unwirklichkeit mit solcher Wucht aufeinander, dass das eine zum anderen wird, was wiederum innerhalb des Bistro-Felds alles möglich macht, selbst Reisen durch Raum und Zeit – solange sich die Gäste nur über die Rechnung streiten. Buon appetito!
Douglas Adams: Das Leben, das Universum und der ganze Rest. In: Per Anhalter durch die Galaxis • Fünf Romane in einem Band • Aus dem Englischen von Benjamin Schwarz und Sven Böttcher • Wilhelm Heyne Verlag, München 2001 • Taschenbuch • 1102 Seiten • derzeit nicht lieferbar

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Tal M. Klein: Der Zwillingseffekt • Roman • Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen • Wilhelm Heyne Verlag, München 2018 • Paperback • 416 Seiten • € 14,99 • seit dem 10.04. in unserem Shop • Leseprobe

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