13. April 2021 2 Likes

„Them“ - Zwei Arten Horror

Eine Amazon-Serie erzählt von übernatürlicher und realer Bedrohung

Lesezeit: 3 min.

Das hinter weißen Vorstadt-Zäunen das Grauen lauert weiß man nicht erst seit David Lynchs „Blue Velvet.“ Kombiniert man diesen Vorstadt-Horror mit dem realen Horror der Rassenkonflikte Amerikas hat man in etwa das blutige Herz von „Them“ beschrieben, einer zehnteiligen Anthology-Serie, die jetzt auf Amazon-Prime verfügbar ist.

Aus dem amerikanischen Süden zieht die Familie Emory nach Los Angeles, wie gut sechs Millionen andere Schwarze, die in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts den noch offen rassistischen Süden verließen, um im zumindest auf dem Papier rechtlich gleichgestellten Norden und Westen ein besseres Leben zu finden.

Vater Henry (Ashley Thomas) hat dank seines Diensts im Zweiten Weltkrieg studieren können und nun einen Job bei einem Flugzeughersteller. Als einziger Schwarzer der Firma, abgesehen von Dienstboten und Hausmeistern. Seine Frau Lucky (Deborah Ayorinde) arbeitete einst als Lehrerin, betreut nun jedoch die beiden Töchter Ruby (Shahadi Wright Joseph) und Gracie (Melody Hurd). Ausgerechnet in Compton hat die Familie ein Haus gekauft, ausgerechnet, da Compton im Lauf der Jahre zu einem der sprichwörtlichen Armenvierteln Amerikas geworden ist, in dem fast ausschließlich People of Color leben, das von Bandenkriegen zerrüttet ist und von Gangster-Rappern wie N.W.A. in „Straight out of Compton“ besungen wurde.

1953 war Compton aber noch weiß, vielleicht nicht ganz so weiß, wie „Them“ suggeriert, aber die von Little Marvin erdachte Serie strebt nicht nach Realismus, sondern nach übernatürlichem Exzess und gotischem Horror. Besonders die Nachbarin Elizabeth Wendell (die sehr blonde, sehr bleiche Alison Pill) hat es auf die Emorys abgesehen, will sich ihr Leben nicht von Schwarzen kaputt machen, will nicht, dass der Marktwert ihres Hauses durch diese Art Nachbarn verfällt. Anfangs organisiert sie mit den anderen Stepford Wives noch eine Art Sit-In vor dem Haus der Emorys, bald hängen schwarze Puppen am Galgen von der Veranda, dann wird mit Benzin eine Warnung in den grünen Vorgarten gebrannt: „Nigger Heaven.“

Und als wäre dieser reale Horror nicht genug, werden sämtliche Mitglieder der Familie auch noch von übernatürlichen Kräften bedroht, die anzudeuten scheinen, welche psychischen Folgen ein Leben in einer von Rassismus geprägten Welt haben kann. Vor allem der unterschwellige Gedanke, wie viel besser und einfacher das Leben wäre, wenn man doch nur weiß wäre, sorgt bei Mutter und älterer Tochter für geradezu manische Episoden, in denen per Scheuerbürste die schwarze Haut „gesäubert“ werden soll, bis das verhasste Schwarz verschwunden ist. Doch dabei kommt nicht das ersehnte weiß zu Tage, sondern nur grelles, rotes Blut.

Wie andere Serien jüngerer Zeit – vor allem „Watchmen“ und „Lovecraft County“ kommen in den Sinn – verknüpft auch „Them“ Genreelemente mit einer oft schonungslosen Darstellung der amerikanischen Rassenkonflikte. Ob Momente übernatürlichen Horrors dabei den realen Horror des Rassismus eher überschatten oder erträglicher erscheinen lassen sei dahingestellt, ganz gewiss jedoch funktioniert „Them“ als Variation des klassischen Vorstadt-Horror ganz ausgezeichnet.

Them • USA 2021 • Creator: Little Marvin • Darsteller: Ashley Thomas, Deborah Ayorinde, Shahadi Wright Joseph, Melody Hurd • zehn Folgen bei Amazon-Prime

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