„Der Knochenwald“ von Christina Henry
Im neuen Roman der Erfolgsautorin gibt es mehr als ein Monster im Wald
Christina Henry (im Shop) ist eine Bestsellerautorin. Diesen Status verdankt die Amerikanerin ihren vielen Roman-Neuinterpretationen von märchenhaften oder fantastischen Klassikern wie „Alice im Wunderland“, „Peter Pan“, „Rotkäppchen“, „Die kleine Meerjungfrau“ oder „Die Legende von Sleepy Hollow“. Aber auch mit ihrer „Black Wings“-Urban-Fantasy-Serie um Madeline Black, Agentin des Todes, fuhr Henry schon in den 2010ern Erfolge ein. Mit „Der Knochenwald“ (im Shop) liegt nun ein neuer, zeitgenössischer Einzelroman der US-Autorin vor, und der hat es auf monströse Weise in sich.
Das schön aufgemachte Buch wird aus der Sicht von Mattie erzählt, die mit ihrem wesentlich älteren Ehemann William in einem abgelegenen Waldstück in den Bergen lebt. William ist ein gewalttätiges, herrschsüchtiges Ungeheuer, unterdrückt und schlägt Mattie, wann und wo er nur kann. Er nutzt Religion und Tradition als Ausrede dafür, seine von anderen Menschen vollständig isolierte Frau nach Belieben zu missbrauchen – wenn sie ihn schief anschaut, in seinen Augen etwas falsch macht, ihm irgendetwas an ihrem Verhalten oder ihrem Tun nicht gefällt. Mattie hat sich daran gewöhnt und versucht es William aus Angst vor der nächsten Trachtprügel möglichst rechts zu machen – meistens vergebens, die Hiebe kommen trotzdem. Eine mit vagen Erinnerungen an ihre verschwommene Kindheit verknüpfte Stimme in Matties Kopf sagt ihr, wie falsch das alles ist, und dass sie fliehen sollte, doch sie erträgt es weiter.
Eines Tages findet die gepeinigte Mattie im Wald einen übel zugerichteten Fuchskadaver und daneben ein paar merkwürdige Abdrücke, die an einen Bären gemahnen. Sie erzählt William davon, und nach dem zu erwartenden Gewaltausbruch ihres abscheulichen Gatten, machen sich die beiden auf die Suche nach dem Raubtier. Aber spätestens in der Höhle der Kreatur wird klar, das sie es nicht mit einem Bären, sondern irgendeinem Monster zu tun haben. Mattie muss fortan also mit noch einem Ungeheuer mehr im Wald und in ihrem Leben klarkommen. Als obendrein schließlich ein paar Kryptozoologen auftauchen, entgleisen die Dinge völlig, und Mattie erfährt zwischen zwei Monstren sowie reichlich Gewalt und Tod alles darüber, wie sie im Wald und den Fängen ihres Mannes gelandet ist …
Für ihren Roman verlässt Christina Henry die Welten von Fantasie und Märchen – und schafft ein unerwartet gegenwärtiges, überraschendes und überraschend finsteres Buch. Durch die kryptozoologische Natur des Monsters behält der Roman allerdings stets eine Verbindung zu den fantastischen Genres, selbst der Science-Fiction und dem Survival-Horror. Vor allem jedoch ist „Der Knochenwald“ ein schonungsloses Buch über Gewalt gegen Frauen, die mit fundamental-fanatischen Prinzipien gerechtfertigt wird. Und das ist, natürlich, leider so gar keine Fantastik oder Science-Fiction, sondern für viele Frauen auf der ganzen Welt bittere Realität, blutiger Alltag. Das macht Christinas Henrys Monsterhatz zu einem heftigen Buch – und zu einem wichtigen.
Die Autorin kommt im Oktober übrigens auf Lesereise nach Deutschland.
Christina Henry: Der Knochenwald • Roman • Aus dem Amerikanischen von Sigrun Zühlke • Penhaligon, München 2023 • 368 Seiten • Erhältlich als Hardcover und eBook • Preis des Hardcovers: € 22,00 • im Shop
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