6. Februar 2020

Girl Power

Der Harley Quinn-Film „Birds of Prey“ will allzu offensichtlich feministisch sein

Lesezeit: 3 min.

Auf einmal musste es ganz schnell gehen: Nachdem sich jahrelang kein Hollywood-Studio um starke Frauenfiguren in Action- oder Superheldenfilmen scherte, die Idee eines solchen Films mit einer weiblichen Hauptfigur und einem 100 Millionen Budget nur für lautes Lachen in den Chefetagen führte, haben die jüngsten Debatten über Sexismus und Gleichberechtigung nicht nur aber auch in der Filmindustrie ein Umdenken eingeleitet.

Ausnahmsweise hatte DC im Kampf gegen Marvel die Nase vorn und schaffte mit „Wonder Woman“ den ersten Mega-Blockbuster mit einer Frau als Hauptfigur vor und auch hinter der Kamera. Doch diese Figur war eingebettet in eine klassische Erzählung, in der ein schmucker Mann der Heldin oft die Welt erklärte und erst zum Finale wirklich der Frau das Schlachtfeld überließ.

Ein ganz anderes Kaliber ist dagegen Harley Quinn, die vor drei Jahren in „Suicide Squad“ ihren ersten Leinwandauftritt erlebte und sämtlichen männlichen Co-Stars die Show stahl. Und da auch ihre Darstellerin Margot Robbie große Lust andeutete, die Figur auszubauen und in den Mittelpunkt eines eigenen Film zu stellen lag die Idee auf der Hand. Das Ergebnis heißt in voller Länge „Birds of Prey (and the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“ und ist – wie der Titel schon andeutet – die Geschichte einer Emanzipation.

Vor allem die von Harley Quinn vom Joker, ihrem langjährigen Partner und vor allem Beschützer, denn ohne ihn ist Harley Quinn für die Unterwelt von Gotham Freiwild. Nun muss sie auf eigenen Füßen stehen, hat dabei jedoch einige (weibliche) Unterstützung: Von einem Sprögling eines Mafiaclans, die mit Armbrust durch die Gegend zieht und sich Huntress (Mary Elizabeth Winstead) nennt, der Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez) und der Nachtclubsängerin Dinah Lance (Jurnee Smollett-Bell), die sich Black Canary nennt. Zwischen dieses Quartett mischt sich das Waisenkind Cassandra (Ella Jay Basco), die bald den MacGuffin des Films verschluckt: Einen hochkarätigen Diamanten, nach dem vor allem der Antagonist Roman Sionis (Ewan McGregor) trachtet.

Das zumindest ist die vorgeschobene Handlung, die jedoch nicht mehr ist als lose Schnur an denen Momente der Emanzipation aufgehängt werden. Denn sämtliche der fünf Frauen sind von Männern schlecht behandelt worden, wurden geschlagen und verraten und streben nun nach Selbstständigkeit. Nicht die schlechteste Botschaft gewiss, würde sie sich durch mehr vermitteln als bloße Attitüde. Vielleicht liegt es am allzu dünnen Drehbuch von Christina Hodson, vielleicht an der unerfahrenen Cathy Yan auf dem Regiestuhl, die bislang nur einen winzigen Independent-Film gedreht hatte, der nie ins Kino kam, vielleicht auch am Fehlen eines Masterminds wie Kevin Feige es für Marvel ist oder Zack Snyder vor seinem Ausstieg bei DC.

Das größte Problem ist, dass „Birds of Prey“ wirkt wie am Reißbrett entstanden: Eine zeitgemäße Message, überdurchschnittlich viele Frauen vor und hinter der Kamera, Repräsentation von Minderheiten, durch und durch ein Manifest der Emanzipation. Nur leider kein guter Film.

„Birds of Prey“ startet am 6. Februar im Kino. Abb.: Warner

Birds of Prey • USA 2020 • Regie: Cathy Yan • Darsteller: Margot Robbie, Mary Elizabeth Winstead, Rosie Perez, Ella Jay Basco, Ewan McGregor

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