3. Februar 2022

„Snowpiercer“ – Atemlos durch den Schnee

Die 3. Staffel der Erfolgsserie beginnt in voller Fahrt und tritt auf der Stelle

Lesezeit: 3 min.

Was soll man davon halten, wenn noch vor Start einer 3. Staffel, bereits die 4. in Auftrag gegeben wurde? Wie spannend können die zehn Folgen der 3. Staffel werden, wenn man die Handlung nur sehr vorsichtig zum ja doch irgendwie absehbaren Ende führen kann, schließlich wollen in der 4. Staffel auch noch zehn Folgen gefüllt werden.

Früher hatten Serien das Problem nicht, da bekamen Detektive wie Magnum oder „Der Alte“ einfach immer neue Fälle vorgesetzt, so lange bis das Zuschauerinteresse erlahmte oder der Hauptdarsteller sich verändern wollte. Bei modernen, durch größere Handlungsbögen geprägte Serien ist das ein bisschen anders, gerade wenn Geschichten nicht unendlich ausgewalzt werden können. „Lost“ beließ es dabei, sehr viele Fragen offen zu lassen, „Breaking Bad“ fand ein zeitnahes und konsequentes Ende, manchen Serien ist gar kein rundes Ende vergönnt, nach einer oder zwei Staffeln ist abrupt Ende und viele Handlungsstränge bleiben in der Luft hängen.

Dass die TV-Adaption des Films „Snowpiercer“ so ein Erfolg werden würde war kaum zu erwarten, zumal die ersten Folgen sich nicht wirklich mit den filmischen Visionen Bong Joon-ho messen konnten. Doch dann nahm die Serie – genau – an Fahrt auf und entwickelte sich zu etwas ganz eigenem: Einer Allegorie der Klassengegensätze zwischen der Elite im vorderen Zugteil, angeführt von sinisteren Wilford (Sean Bean) und den „Tailies“, der Arbeiterklasse, die im hinteren Zugteil schufteten und von Layton Well (Daveed Diggs) zur Rebellion angestachelt wurden.

Inzwischen sind die Kontrahenten auf zwei Züge verteilt, Wilford auf Big Alice, wo er mit harter Hand regiert und Layton auf den Snowpiercer. Mit dem fahren sie durch die Gegend, in der Hoffnung, dass die Erde endlich langsam auftaut und ein halbwegs normales Leben wieder möglich wird.

Und so beginnt nun die 3. Staffel einige Monate nach der 2., an deren Ende Hauptfigur Melanie (gespielt von Jennifer Connelly) vielleicht beim Versuch erfror, eine Wetterstation in Betrieb zu nehmen. Vielleicht: Denn als erfahrene Serienschauer weiß man natürlich, dass eine Figur erst dann wirklich tot ist, wenn man ihre Leiche gesehen hat. Aber wohin führt das? Was gibt es noch zu erzählen? Klar, irgendwann werden die beiden Züge wieder zusammenkommen müssen, irgendwann wird der Konflikt zwischen den von Wilford und Layton angeführten Fraktionen wieder direkter ausgetragen werden müssen, und schließlich werden die Züge irgendwann endgültig stoppen müssen.

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Da dies nun frühestens in der 4. Staffel erzählt werden wird, stehen die Autoren vor dem Problem, viel Erzählzeit füllen zu müssen. Ob da das bunt zusammengewürfelte Figurenpersonal reicht? Ob es genug ist, die angerissenen persönlichen Konflikte weiter auszureizen? In den ersten beiden Folgen der 3. Staffel fahren die Züge jedenfalls munter durch den endlosen Schnee, doch die Handlung steht weitestgehend auf der Stelle. Der Reiz des Snowpiercers, der Reiz einer autarken, sich selbst versorgenden Welt reicht nur noch bedingt aus, um die Absurdität des Ganzen vergessen zu lassen: Wie viele Flaschen Wein Wilford nach Jahren der Partys noch auf Lager haben soll, das kann man sich da schon fragen. Nun, vielleicht haben sich die Autoren für den Rest der Staffel noch die ein oder andere Überraschung einfallen lassen. Luft nach oben gibt es in der 3. Staffel nach dem eher behäbigen Auftakt jedenfalls.

Snowpiercer, 3. Staffel • USA 2021 • Netflix, jeden Dienstag eine neue Folge

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