Ein Pop-Song rettet die Welt
„Fish Story“ von Yoshihiro Nakamura
Ein Pop-Song, der die Welt rettet? Noch dazu ein Proto-Punk-Song, der zwei Jahre vor dem Einschlag der Sex Pistols entstand? In Japan? Hä? Ja, die Prämisse, die Yoshihiro Nakamura (vielleicht dem einen oder anderen als Co-Autor von Hideo Nakatas Dark Water und Last Scene bekannt) gemeinsam mit seinem kongenialen Drehbuch-Partner Kotaro Isaka in „Fish Story“ mal eben locker in den Raum wirft, ist schräg. Und macht natürlich sofort neugierig. Denn das mit dem Ende der Welt ist durchaus ernst gemeint. Der Film startet mit den Bildern einer verlassenen Großstadt und einem glühenden Asteroiden am Himmel, der in wenigen Stunden einschlagen wird. In einem Plattenladen werden der Inhaber und ein Kunde, die nichts von all dem mitbekommen haben, von einem Endzeit-Verkünder, dessen Stunde endlich, endlich geschlagen hat, aufgeklärt. Bruce Willis hat versagt! Und auf dem Plattenteller dreht sich „Fish Story“, der Song der praktisch unbekannten japanischen Band Gekirin, dessen bizarrer Text alles und nichts bedeuten könnte und der mitten im Solo für eine Minute einfach abbricht (Stille!) und dann wieder einsetzt.
Aber wie rettet dieser Song nun die Welt? Tja, das ist die Geschichte, die Nakamura nun auf verschlungenen Pfaden zum Besten gibt, und die ein Glücksfall fürs Kino ist. Wie oft sitzt man schließlich schon vor einem Film und kriegt den Mund nicht mehr zu, weil man ahnt, dieses eine große Meisterwerk zu sehen, das nur alle paar Jahre um die Ecke biegt, diesen Film, der intelligent, unterhaltsam, leicht, spannend, berührend und überraschend ist? Bei dem man unterwegs nie das Gefühl hat, dass die Macher am Ende doch noch alles verratzen werden mit einer schwachsinnigen Pointe, einem platten Mainstream-Finale, einer F/X-Orgie? Nein, in „Fish Story“ wird alles richtig gemacht, auch, weil Nakamura und Isaka sich einen Dreck um Konventionen scheren und der Geschichte einfach ihren Lauf lassen.
Die springt vor und zurück in der Zeit (gut 40 Jahre werden abgedeckt), wechselt die Protagonisten (von einem mutlosen Chauffeur, einem Helden ohne Mission bis zu den Mitgliedern der Band, die wissen, dass sie keine Chance auf Erfolg haben), die alle ihrem Schicksal begegnen, und über weite Strecken des Films kann man die Zusammenhänge höchstens ahnen. Doch es gibt sie, und in den letzten Minuten fädelt Nakamura die Perlen dann auf einen Faden und man taumelt vor Staunen, Lachen und purem Glück. Denn alles ergibt einen Sinn, und der ist so schlicht und groß wie ein guter Pop-Song, der die Zeit mühelos übersteht. Und „Fish Story“ ist ein Film, der vielleicht ähnlich vergessen wird wie der Song, um den es geht, der aber seinen Weg machen wird – hoffentlich noch vor dem Weltuntergang.
„Fish Story“ ist aktuell z.B. als DVD-Import via Großbritannien erhältlich
Fish Story • Japan 2009 • Regie: Yoshihiro Nakamura • Darsteller: Ito Atsushi, Kora Kengo, Hamada Gaku, Tabe Mikako, Moriyama Mirai
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