Bye Bye, Cassini!
Was wir in zwanzig Jahren Saturnmission gelernt haben – Erster Teil: 2004 bis 2010
2017 markiert das Ende einer Ära bei NASA und ESA: Die Raumsonde Cassini wird am 15. September 2017 in die Saturnatmosphäre eindringen. Zwanzig Jahre lang dauerte diese bemerkenswerte Mission, die uns so viel über den Gasriesen, seine Ringe und Monde verraten hat. Zwei Mal wurde sie verlängert, weil die kleine Sonde einfach nicht müde wurde oder kaputtgehen wollte. Zeit für einen Rückblick in zwei Teilen auf eine der erfolgreichsten Missionen aller Zeiten …
Im Oktober 1997 startete die Cassini-Mission vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral, als der namensgebende Orbiter mitsamt Lander Huygens unsere Atmosphäre verließ und sich auf die lange Reise zum Saturn machte. Missionsziele gab es reichlich: Informationen über Entstehung, Struktur und Verhalten von Saturns Ringen sollten gesammelt, die Zusammensetzung und Geschichte der unzähligen Trabanten sollten untersucht und Titans Oberfläche sollte erkundet werden. Auch über Saturns Atmosphäre hätte man gerne mehr gewusst. Hauptsächlich von NASA und ESA initiiert, waren insgesamt siebzehn Länder an der Cassini-Mission beteiligt, die weltweit mit großer Begeisterung verfolgt wurde.
Leider sind Weltraummissionen notorisch antiklimaktisch. Nach dem Jubel über den geglückten Start dauert es eine ganze Weile, bis wieder etwas Spannendes passiert, denn es gilt, gewaltige Entfernungen zu überbrücken. So musste sich Cassini zunächst sieben Jahre lang in mehreren Flyby-Manövern durch das Sonnensystem hangeln, bevor sie auch nur in Saturns Nähe kam. Doch bereits auf dem Weg dorthin gab es einiges zu sehen: zwei Venus-Flybys, auf denen ordentlich Fahrt aufgenommen wurde, dann ein letzter Vorbeiflug an der Erde, bevor sich die Sonde auf den Weg durch den Asteroidengürtel und ins äußere Sonnensystem machte. Beim Vorbeiflug an unserem größten Planeten half sie Jupitersonde Galileo beim Datensammeln, und endlich, am 31. Oktober 2002, sendete sie das erste Foto von Saturn und seinem charakteristischen Ringsystem. Doch Cassini war da noch lange nicht am Ziel – erst im Juli 2004 kam die Sonde am Saturn an. Seitdem hat sie uns einen zuvor nicht gekannten Einblick in die Mysterien des beringten Gasriesen und seiner Trabanten ermöglicht.
Nur ein halbes Jahr nach ihrer Ankunft trennte sich Cassini von Lander Huygens, der im Januar 2005 auf der Oberfläche von Titan aufsetzte und damit das erste und bislang einzige Raumfahrzeug ist, das im äußeren Sonnensystem unbeschadet gelandet ist. Die Fotos, die Huygens übermittelte, gaben den Forschern einen faszinierenden Einblick in eine erstaunlich erdähnliche Welt. Leider trat bei der Übertragung der Ergebnisse ein Fehler auf, und weil auf Titan gerade kein Techniker war, ging die Hälfte der Fotos, die Huygens geschossen hatte, verloren. Dennoch waren die Einsichten, die wir aus dieser kurzen Mission gewinnen konnten, unheimlich wertvoll und detailliert. Huygens entdeckte Wassereis und Seen und Flüsse aus flüssigen Kohlenwasserstoffen, analysierte die Zusammensetzung der Atmosphäre und des umgebenden Bodens. Dann, nach etwa einer Stunde auf Titans Oberfläche, hauchte Huygens sein kurzes, aber aufregendes Leben aus.
Doch Titan war nicht der einzige Körper in Saturns Orbit, der genauer untersucht wurde. Gleich zu Beginn, noch bevor Cassini überhaupt ihre Umlaufbahn erreichte, entdeckte sie die zwei neuen Monde Methone und Pallene, die mit nur wenigen Kilometern Umfang zuvor im Ringsystem verborgen geblieben waren. Ja, bis zum jetzigen Zeitpunkt hat Cassini insgesamt sieben neue Monde um Saturn gefunden – der Ringträger schmückt sich mit unglaublichen zweiundsechzig bestätigten Trabanten und hält somit den Rekord im Sonnensystem.
Außerdem wurden interessante Vorgänge auf Enceladus, einem weiteren Mond, entdeckt, und man beschloss, sich auch ihn nochmal genauer anzusehen. Enceladus ist einer der größten Saturnmonde und vollständig von Eis bedeckt, wodurch er extrem hell erscheint. Bei Cassinis Rückkehr zu diesem Mond im Juli 2005 wurden am Südpol Risse in Enceladus’ Eispanzer entdeckt, die sogenannten „Tiger Stripes“, aus denen aktiv Wasserdampf, flüssiges Wasser und Eis ausgespien werden. Durch weitere Messungen konnte bestätigt werden, dass diese Geysir-ähnlichen Fontänen die Herkunft von Saturns E-Ring darstellen. Durch die Existenz von flüssigem Wasser und Spuren von organischen Stoffen könnte Enceladus ein guter Kandidat für die Entwicklung von Leben sein, jedoch muss man dabei im Hinterkopf behalten, dass er vermutlich ein riesiger zugefrorener Ozean ist und die Oberflächentemperatur im Mittel bei -198 Grad Celsius liegt.
In den folgenden Jahren flog Cassini noch einige Male an Enceladus vorbei, schaute sich Mond Iapetus genauer an und entdeckte außerdem neue Ringe und einen weiteren Mond. Der bahnbrechende Erfolg der Mission bis dahin rechtfertigte im Februar 2010 eine Verlängerung bis 2017. Was die Wissenschaftler dabei herausfanden, erfahren Sie im zweiten Teil.
Mehr Informationen zur Cassini-Mission und dem Grande Finale unter saturn.jpl.nasa.gov.
Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier.
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