Diamantregen auf Uranus
Von Lasern auf der Erde zu ungewöhnlichem Niederschlag auf Gasplaneten
Zu Beginn des Jahres habe ich Ihnen in einer meiner Kolumnen erzählt, dass es auf großen Gasplaneten möglicherweise Diamanten regnen könnte. So mancher mag sich damals gedacht haben: „Klar, diese Meteorologen erzählen uns ja immer viel Unsinn. Diamantregen, haha!“ Nun, ein gewisses Maß an Skepsis begrüßen Wissenschaftler ja, wenn auch nur um danach sagen können: „Haben wir doch gesagt!“ So einen schönen „Haben wir doch gesagt“-Moment hatten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf vor kurzem, als es ihnen gelang, die Entstehung von Diamanten, wie sie auf Uranus und Neptun angenommen wird, im Labor nachzustellen.
Gasriesen wie eben Neptun und Uranus bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff, Helium und Methan, einer Verbindung aus vier Wasserstoff-Molekülen und einem Kohlenstoff-Molekül, das auf der Erde vor allem aus dem Kontext des Klimawandels bekannt ist, da es ein potentes Treibhausgas ist. Aber auf Gasplaneten hat es eine ganz andere Funktion: Bekanntermaßen entstehen Diamanten auf der Erde, wenn Kohlenstoff unter hohem Druck und hohen Temperaturen im Erdmantel in Tiefen um 200 bis 600 Kilometer und bei kuscheligen 1200 Grad Celsius zusammengepresst wird. Die Theorie besagte nun, dass Neptun und Uranus durch den Methangehalt ihrer Atmosphären reichlich Kohlenstoff zur Verfügung haben, und aufgrund ihrer Größe und Dichte herrschen hohe Drücke und Temperaturen unter ihrer „Oberfläche“ (Zur Erinnerung: Gasplaneten haben im strengen Sinn keine Oberfläche. Stattdessen haben wir uns die Oberfläche dorthin definiert, wo ihr atmosphärischer Druck genau 1 bar beträgt, was nicht ganz zufällig ziemlich genau dem Normaldruck auf der Erdoberfläche auf Meeresniveau entspricht.) Über einige Jahrzehnte hinweg nahm man also an, dass mit so viel Kohlenstoff schon irgendwo in der Atmosphäre von Uranus und Neptun die richtigen Verhältnisse herrschen würden, um den Kohlenstoff zu Diamanten zu pressen. Doch wie diese Verhältnisse genau aussahen und wie genau der Prozess vonstattenging, konnte niemand definitiv beantworten.
Dem Team des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf ist es nun in der Stanford University in Kalifornien gelungen, im Labor mit Hilfe von Lasern genau die richtigen Verhältnisse nachzustellen. Dafür benutzten sie eine bestimmte Art von Plastik, die Kohlenstoffatome enthält, und setzten sie massiven Druckwellen aus, die durch die Kraft eines hochenergetischen Lasers (des sogenannten „Linac Coherent Light Source“) ausgelöst wurden. Und siehe da: Nahezu alle im Plastik enthaltenen Kohlenstoffatome ordneten sich fein säuberlich in das strikte Gitter, das Diamanten ihre charakteristische Härte verleiht. Die so entstandenen Mini-Diamanten waren zwar nur einige Nanometer groß (also ein Millionstel eines Millimeters), aber das Prinzip wurde bewiesen – auch wenn es für elegante Schmuckstücke wohl nicht reichen wird.
Nun ist es kein großer Sprung mehr, zu vermuten, dass die Verhältnisse auf Uranus, Saturn oder Jupiter derart extrem sind, dass nicht nur eine Handvoll Atome neu geordnet, sondern die Diamanten gleich millionenkaratweise gepresst werden. Da sie eine hohe Dichte besitzen, geht man davon aus, dass die so entstandenen Diamanten dann zum Kern des Planeten sinken und sich dort als dicke Kruste absetzen. Hier auf der Erde ist diese Forschung übrigens nicht nur technologisches Sternegucken, sondern hat ganz konkrete praktische Anwendungen in Medizin und Biologie.
So haben Forscher also wieder ein Häkchen hinter eine bisher nicht bewiesene Annahme setzen können und dem Puzzle der mysteriösen Gasriesen, die so schwer zu untersuchen sind, ein kleines Teil hinzugefügt.
Bei all der Wissenschaft dürfen wir aber eines nicht vergessen: Meine Güte, es gibt wirklich Orte in unserem wunderbaren Universum, an denen es Diamanten regnet!
Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich insbesondere für extraterrestrische Wetteraktivitäten. Alle ihre Kolumnen finden Sie hier.
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