25. Januar 2019 1 Likes

Die Marsianer

Peter Cawdrons Roman „Habitat“: Überlebenskampf auf dem Mars

Lesezeit: 3 min.

Seit einiger Zeit projizieren wir Menschen unsere Expansionswünsche, unser Sehnsüchte und womöglich sogar unsere Hoffnungen für die Zukunft auf den Mars. In „Habitat“, einem Roman des in Neuseeland geborenen, in Australien lebenden Autors Peter Cawdron (im Shop), hat der erfolgreiche Sprung auf den Roten Planeten bereits stattgefunden. Als Teil der Mars-Endeavour-Mission leben vier Crews aus dem amerikanischen, dem russischen, dem chinesischen sowie dem eurasischen Raumfahrtprogramm in einem Hightech-Habitat auf dem Mars. Hier besiedeln sie vier Module im Boden, die durch Verbindungstunnel und eine riesige Nabe in der Mitte, wo Getreide, Reis und anderes angebaut und von Roboterhelfern abgeerntet werden, miteinander verbunden sind. Der Alltag der hundertzwanzig Männer und Frauen in der Mars-Kolonie steht ganz im Zeichen der Forschung, sei es im Habitat oder außerhalb davon – bis sie alle von der Nachricht erschüttert werden, dass auf der Erde ein Atomkrieg ausgebrochen ist und schon mehrere Großstädte rund um den Globus vernichtet wurden. Nach dem ersten Schock stellt sich in allen Modulen die Frage, wie es ohne Nachschub für die nunmehr abgeschnittenen Marsianer weitergehen soll, und inwieweit sie angesichts der Vorfälle zwischen ihren Heimatländern einander trotz der im Weltall geknüpften beruflichen und privaten Beziehungen überhaupt noch trauen können …


Peter Cawdron. Foto © Callum Rule

Es wäre wohl einigermaßen blauäugig, würde man Peter Cawdrons Buch, das im Original unter dem Titel „Retrograde“ erschien und somit nach der astronomischen Retrogradation der Planeten benannt wurde, nicht in direkten Bezug zu Andy Weirs verfilmtem Bestseller und Genre-Highlight „Der Marsianer“ (im Shop) setzen. Cawdron sagt in Interviews auch selbst, dass „Der Marsianer“ seinen Roman definitiv beeinflusst habe, was das Setting und den wissenschaftlichen Ansatz der Geschichte angeht. Allerdings wurde Cawdron, der Philip K. Dick ebenso schätzt wie Arthur C. Clarke, eigenen Angaben zufolge noch mehr von Ben Bovas „Mars“ (im Shop) und Kim Stanley Robinsons „Roter Mars“ (im Shop) inspiriert, die in Cawdrons Augen höchst plausible Beschreibungen des Lebens auf dem vierten Planeten in unserem Sonnensystem liefern. „Habitat“ setzt diese Tradition der fundierten, realistischen Mars-Schilderungen, die an eine spannende Story gekoppelt wird, fort. Wobei Cawdron aus dem Kampf Mensch gegen Mars ein altbekanntes Mensch gegen Mensch macht, angetrieben von Paranoia und kulturellen Konditionierungen beziehungsweise Vorurteilen. Außerdem wartet bei Cawdron noch eine große Überraschung zum Schicksal der Erde und der Marsianer, was „Habitat“ um ein trendiges Element der gegenwärtigen Zukunftsliteratur erweitert und somit von seinen Vorbildern abgrenzt.

Obwohl Peter Cawdron stilistisch noch Luft nach oben hat, kann und muss man seinen ersten Mars-Roman, der übrigens ein Nachwort von Raumfahrt-Experte und Mars-Enthusiast Andrew Rader erhielt, als geistigen Verwandten und unmittelbaren Nachfahren von „Der Marsianer“ sehen. Ich-Erzählerin Liz versprüht zwar nicht ganz so viel Witz wie Mark Watney, kommt jedoch sympathisch genug rüber, sodass man als Leser mitfiebert. Wer den „Marsianer“ verschlungen hat, wird die konzeptionelle Steigerung und die Veränderung und Verschärfung des Szenarios in „Habitat“ zu schätzen wissen.

Peter Cawdron: Habitat • Aus dem Englischen von Bernhard Kempen • Heyne, München 2019 • 350 Seiten • E-Book: 9,99 € (im Shop)

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