3. August 2019

Die Welt von Morgen

Die Ausstellung „Reaching out for the Future“ zeigt Zukunftsfantasien um 1900

Lesezeit: 2 min.

Ein beliebtes Spiel ist es, in Romanen oder Filmen entworfene Zukunftsvisionen, die zwanzig, fünfzig oder noch mehr Jahre in die Zukunft blicken, damit zu vergleichen was wurde. Das führt dann bisweilen zu so seltsamen Ergebnissen wie jüngst beim Tod von Rutger Hauer, der tatsächlich im selben Jahr starb, wie seine Figur im legendären „Blade Runner“ von 1982.

Manche Ideen aus dem Kino, wie der in Fritz Langs „Frau im Mond“ erstmals verwendete Countdown zum Start einer Rakete, wurde später, als in der Realität die Raumfahrt begann, tatsächlich Teil der Konventionen. Langs Film, dazu auch noch sein berühmtester Film „Metropolis“ finden sich auch in der kleinen Sonderschau „Reaching out for the Future. Zukunftsfantasien um 1900“, die noch bis Ende Oktober im Bröhan-Museum in Berlin zu sehen ist.

Eigentlich das Landesmuseum Jugendstil, Art Devo und Funktionalismus zeigt das Haus am Charlottenburger Schloss eine Auswahl an Postern, Büchern, Postkarten und Filmausschnitten, die zeigen, wie man sich um 1900 die Zukunft vorgestellt hat. Eine Zeit des Aufbruchs war dies, die Industrialisierung verhalf den westlichen Gesellschaften zu nie gekannten Entwicklungssprüngen, dementsprechend groß waren die Hoffnungen, die an die Technologie gerichtet waren.


Zukunftsvisionen aus dem Jahr 1912. In der Serie „Wie unsere zukünftigen Enkel im Jahre 2012 leben“, Sammelbild der Firma Chocolat Lombart, Paris, Sammlung Peter Weiss, postcard-museum.com

Von Raumschiffen ist da zwar nicht die Rede, stattdessen vermutete man, dass bald Autos oder gar Lokomotiven schweben könnten und das Reisen erleichtern würden. Ohnehin muten viele der Visionen im Abstand von über hundert Jahren eher niedlich als visionär an: Ein Zukunftshaus besticht da etwa durch eine Bierleitung aus München, während die Musik direkt aus Bayreuth, also von den Wagner-Festspielen, eingespielt wird. Gegessen wird nicht mehr mit Messer und Gabel, man wird von Tentakelarmen gefüttert, und oben auf dem Dach ist die Haltestelle von einem Luftomnibus.

Ernährungsprobleme sollten wiederum durch neuartige Dünger beseitigt werden, die es ermöglichen sollten, überdimensionale Kartoffeln oder Gurken zu züchten. Wie so vieles wurde auch daraus nichts, anderes ist schon wieder überholt, wie die einst futuristisch anmutenden Automaten-Restaurants, die dem ein wenig persönlicheren Fast Food Platz gemacht haben, anderes wurde erstaunlich genau Wirklichkeit, vor allem die Mondlandung. Allein die Frau – oder der Mann – im Mond wurde dann doch nicht gefunden.

Besonders spannend sind jedoch eine ganze Reihe von Postkarten, die eine Welt imaginieren, die unter Wasser steht. Als mögliche Bedrohung wurde dies augenscheinlich nicht gesehen, wohl eher als amüsantes Gedankenspiel, das etwa den Pariser Platz am Brandenburger Tor als von venezianischen Gondeln bevölkerten Hafen zeigt. Was vor über einhundert Jahren nur eine lustige Phantasie gewesen sein mag, könnte durch Klimawandel und steigende Meeresspiegel in einigen Jahrzehnten tatsächlich Realität werden. Dann allerdings als Dystopie, während der Blick in die Zukunft aus der Sicht von 1900 noch ganz mit utopischen Hoffnungen verbunden war.


Düngt mit Kalkstickstoff, um 1910, Postkarte, Verlag: Julius Friede, Berlin, Sammlung Peter Weiss, www.postcard-museum.com

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.