20. Juni 2021 2 Likes

Kurz-Review: „Black Summer“, Staffel 2

Zombies in verschneiten Bergen

Lesezeit: 2 min.

Es ist nicht ganz einfach, „Black Summer“ in Worte zu fassen, weil das, was die Serie so besonders macht, vor allem mit dem „Wie“ zu tun hat, kaum mit dem „Was“. Es ist Zombikalypse, es ist Chaos, der Mensch ist des Menschen Wolf. Keine der Geschichten, die in der Reihe von John Hyams und Karl Schaefer erzählt werden, ist sonderlich originell, eher im Gegenteil. Alles ist einfach und direkt. Man vermeidet soapige Verstrickungen der Figuren oder „character arcs“. Man vermeidet sogar Genre typische Glory Kills, die besonders lustig oder schräg daherkommen. Dementsprechend mies fällt auch der „Meta Score“ aus. Stephen King dagegen traf es ziemlich gut: „Die existentielle Hölle im Vorort, bis auf die Knochen reduziert.“ Und die NY Times: „Hätten sich Andrei Tarkowski und John Carpenter zusammengetan, um eine Zombie-Serie zu machen, wäre vielleicht etwas herausgekommen wie diese formal gewagte Netflix-Serie.“

Die erste Staffel war vor zwei Jahren ein Geschenk, mit dem man nicht gerechnet hatte. Die zweite Staffel muss nun dementsprechend mit ganz anderen Erwartungshaltungen auskommen. Zum Glück macht schon die erste Folge klar, dass Hyams und Schaeffer nicht zurückzucken: Ortwechsel. Von der Vorstadt in die verschneiten Berge. Ein einsames Haus, begehrt. Ein kleines Flugzeug, das Pakete abwirft und Hoffnung auf Entkommen verheißt.


Ja, da steckt auch ein bisschen „Fargo“ in „Black Summer“

Gleich die erste Folge ist ein brachialer Action-Kracher, linear zersplittert, eine Vielzahl an Figuren, völlig unübersichtlich, wer da gegen wen kämpft, brillant inszeniert, mitten drin im Geschehen. Eigentlich dürfte das nicht funktionieren, aber es funktioniert, weil Hyams ein Regisseur ist, der totale Kontrolle über sein Handwerk hat. In der zweiten Folge: Ein Schritt zurück, sortieren, Spannungsabfall, Flashback, jetzt erst werden Figuren eingeführt oder wiedereingeführt, ah, das ist hier los! Dritte Folge: Wieder Hyams selbst. Ein Kammerspiel in einem Haus. Drei Gruppen, die sich misstrauisch beäugen, darunter ein typischer postapokalyptischer Redneck-Psycho, den man in „The Walking Dead“ vermutlich über mehrere Staffeln ertragen müsste. Wieder: auf den Punkt inszeniert, wenn auch ganz anders als Folge 1. Dann Kampf ums Haus in der vierten Folge, nicht schlecht, aber auch nicht immer zwingend.

Staffel 2 ist insgesamt kompakter, der Schwerpunkt liegt diesmal auf einer Geschichte, auch wenn sie alles andere als konventionell erzählt wird. Rose (Jaime King) ist präsenter als in der ersten Staffel, aber von einer Hauptperson kann man nach wie vor nicht wirklich sprechen. Es gibt viele atemberaubende Momente, bei denen man den Augen kaum traut. Und wenn Hyams selbst Regie führt (4 von 8 Folgen) ist ein deutlicher Qualitätssprung zu spüren.

Lohnt es sich also? Oh ja. „Black Summer“ ist immer noch gut, auf jeden Fall. Aber der Überraschungseffekt ist weg, den hat man halt doch nur einmal.

Abb. Netflix.

Black Summer Staffel 2 • USA 2021 • Creator: John Hyams & Karl Schaefer • Darsteller: Jaime King, Justin Chu Cary, Christine Lee, Zoe Marlett • jetzt auf Netflix

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