6. Mai 2025

„Eternauta“ – Dystopie: Jetzt auch in Argentinien

Eine stilistisch ansprechende, wenn auch unvollständige Adaption des Graphic Novel-Klassikers

Lesezeit: 3 min.

Visionäre Qualitäten wurden Héctor Germán Oesterhelds Graphic Novel „Eternauta“ (dt. beim Avant-Verlag) zugesprochen, die in Argentinien zunächst ab Ende der 50er Jahre und dann in neuer Form 1969 erschien. Erst recht, nachdem der Autor selbst das Schicksal allzu vieler Regimegegner der Militärdiktatur ereilte und er verschwand. Seine Leiche wurde nie gefunden, als Todesdatum wird 1979 vermutet.

Dabei bleibt die politische Dimension der Graphic Novel mehr als unterschwellig: Um eine Alieninvasion geht es, die sich durch dichten Schneefall manifestiert, der tödlich wirkt. Mutationen bei Insekten bedrohen die wenigen Überlebenden, später auch von den Alien übernommene Menschen, die apathisch durch die Gegend taumeln und jeglichen freien Willen verloren haben. Eine Gruppe Überlebender findet sich zusammen und versucht gemeinsam, einen Ausweg zu finden, inklusive gruppeninterner Konflikte, Begegnungen mit weniger freundlichen Überlebenden und der ständigen Suche nach Nahrung und Munition.

Wenn sich das bekannt anhört, ist das nicht überraschend und führt auch zum größten Problem der nun bei Netflix laufenden Adaption der Graphic Novel. Welche Bedeutung die Vorlage für Argentinien und den gesamten lateinamerikanischen Raum hat, kann man als Europäer nicht ermessen, dass im Laufe der Jahre zahlreiche Versuche einer Adaption gemacht wurden, die früher oder später scheiterten, ebenso wenig. Eines muss man den Erben von Oesterheld, die immer noch die Rechte kontrollieren, zugutehalten: Jeglichem Versuch einer internationalen, einer Hollywood-Produktion, haben sie stets eine Absage erteilt. Und auch als nun Netflix einer Adaption unter der Ägide von Autor und Regisseur Bruno Stagnaro zustimmte, gab es vor allem zwei Bedingungen: Schauplatz sollte die argentinische Hauptstadt Buenos Aires sein und es sollte spanisch gesprochen werden.

So spielt der auch international bekannte Schauspieler Ricardo Darín die Hauptrolle des Juan Salvo, der gerade auf dem Weg zu einem Kartenspiel mit Freunden ist. Noch ist die Welt belebt, feiern Menschen auf den Straßen, doch das wird sich bald ändern. Ein seltsamer, nur sanft aussehender, aber tödlich wirkender Schneefall bedeckt bald die Stadt und verändert alles. Zusammen mit einigen Freunden und anderen Überlebenden verbarrikadiert Juan sich, doch die notwendige Suche nach Nahrung treibt sie immer wieder hinaus in die Gefahr. Auch Juans Tochter wird vermisst, taucht später wieder auf, wirkt aber seltsam apathisch.

Starke Bilder der Isolation inszeniert Stagnaro, teilweise im Studio gedreht, teilweise auch durch die Corona-Pandemie möglich gemacht, die es erlaubte verwaiste, verlassene Straßen zu drehen. Als solide dystopische Erzählung funktioniert „Eternauta“ allerdings weitestgehend frei von konkreten politischen Anspielungen. Was dem internationalen Zielpublikum einer Netflix-Serie geschuldet sein mag, das vor allem Lust auf eine weitere Dystopie hat. Und das ist das Hauptproblem des Sechsteilers, der in einer Welt zu streamen beginnt, in der es gewiss keinen Mangel an postapokalyptischen Erzählungen gibt, in denen aus dem ein oder anderen Grund die hergebrachte Ordnung zerstört wurde und Gruppen versprengter Menschen um das nackte Überleben, vor allem aber ihre Menschlichkeit kämpfen.

Ein Alleinstellungsmerkmal besitzt „Eternauta“ nicht, von einem außerirdischen Überich kontrollierte Menschen kennt man ebenso zu Genüge wie mutierte Insekten. Das nach sechs Teilen auch noch abrupt alles vorbei ist, ohne konkretes Ende, einfach so, macht es nicht besser. Immerhin ist eine zweite Staffel schon in Planung, die die Abenteuer von Juan und seiner Freunde dann hoffentlich zu einem runden Ende bringt.

Eternauta • Argentinien 2025 • Creator: Bruno Stagnaro • Darsteller: Ricardo Darín, Carla Peterson, César Troncoso • sechs Folgen, jetzt bei Netflix

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.