9. Juni 2023

„Memory of Water“ – Ein Leben ohne Dusche

Der respektable Versuch einer skandinavischen Dystopie

Lesezeit: 2 min.

Wasser wird knapp. Die Pegel der Flüsse sinken, viele Brunnen bleiben trocken, in Brandenburg wird gar über zusätzliche Gebühren für Bauern nachgedacht, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. Schon 2012 erkannte die finnische Autorin Emmi Itäranta das Potential dieses Themas und verarbeitete es in ihrem dystopischen Debütroman „Memory of Water“ (dt. „Der Geschmack von Wasser“), der nun als Vorlage für den Film von Saara Saarela diente.

Der Titel bringt es schon auf den Punkt: In der Zukunft ist Wasser für die meisten Menschen nur noch eine schöne Erinnerung, ist der essentielle Bauteil des Lebens so rar, dass die Militärregierung der Skandinavischen Union, die sich nach einer nicht näher beschriebenen Katastrophe gebildet hat, streng gegen sogenannte Wasserverbrechen vorgeht. Wer illegal Wasser besitzt, wird eingesperrt, seine Behausung mit einem roten Kreuz markiert.

In dieser Welt lebt die junge Noria (Saga Sarkola), die von ihrem Vater einen wichtigen Posten erbt: Sie wird Teemeisterin und führt einen an die japanische Teezeremonie angelehnten Ritus durch, bei dem mit winzigen Mengen des kostbaren Gut, ein Mantel der Zivilisation, aufrecht erhalten wird. Doch in den Unterlagen ihres verstorbenen Vaters entdeckt sie antike Dinge, eine Silberscheibe etwa, die im Gegensatz zu Noria der Zuschauer natürlich sofort als CD erkennt.

Es ist Norias beste Freundin Sanja (Mimosa Willamo), eine Tüftlerin, die mit der Silberscheibe etwas anzufangen weiß und durch ihre Neugier auf alte, längst ausrangierte technische Geräte auch eine Möglichkeit hat, sie zu lesen. Auf eine große Lüge stoßen die beiden Frauen, auf ein Wasservorkommen, dessen Existenz der Gemeinschaft offenbar verschwiegen wurde.

Da der Roman im Zuge des Young Adult-Booms entstand, gibt es natürlich auch einen jungen Mann, den mysteriösen Taro (Lauri Tilkanen), der allerdings in der Kinoversion ein allzu offenes Buch ist. Ohnehin krankt die Verfilmung ein wenig an ihrer Offensichtlichkeit, an allzu bekannten Mustern und Entwicklungen. Dass die Macher dieser nordischen Produktion wenig Geld zur Verfügung hatten, ist deutlich zu sehen, wird jedoch meist gelungen kaschiert. Ähnlich wie etwa der französisch-litauische „Vesper Chronicles“ oder der deutsche „Tides“ werden teure Spezialeffekte nur sporadisch eingesetzt, besteht des World-Building in erster Linie aus dem Zeigen verlassener Landschaften, den kargen Lebensumständen der wenigen Überlebenden, der Evokation einer diktatorischen Macht im Hintergrund.

Lange Zeit gelingt das auch in „Memory of Water“ ganz gut, erzeugt Saara Saarela eine interessante Atmosphäre, gerade durch die überaus gelungene Allegorie der Teezeremonie. Als europäische Art-House-Variation der in den letzten Jahren ein wenig überstrapazierten dystopischen Erzählungen reichen diese kargen Bilder lange Zeit aus, bevor sich zum Ende dann doch der Mangel an Originalität bemerkbar macht. Vielleicht wären einige Jahre Dystopie-Pause nicht schlecht, auch wenn angesichts einer zunehmend fragiler anmutenden Realität, in der die Einschläge näher zu kommen scheinen, die Lust auf dystopische Erzählungen offenbar ungebrochen ist.

Memory of Water (Veden Vertija) • Finnland, 2022 • Regie: Saara Saarela • Darsteller: Saga Sarkola, Mimosa Wilamo, Lauri Tilkanen • Kinostart: 8. Juni

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