Chinesisch. Fantastisch. Episch.
George R. R. Martin trifft David Eddings: Ken Lius Roman „Die Götter von Dara“
Wenn man über den internationalen Erfolg von Cixin Liu (im Shop) und das aktuelle Interesse an chinesischer Science-Fiction spricht, sollte man Ken Liu zumindest erwähnen. Der wurde 1976 in China geboren, lebt seit seiner Jugend in den USA – und übersetzte Cixin Lius „Die drei Sonnen“ 2015 aus dem Chinesischen ins Englische, woraufhin der Roman zum Phänomen wurde und einen Hugo Award gewann. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Auch sonst setzt sich Ken Liu, im Übrigen nicht mit dem Bestsellerautor verwandt oder verschwägert, für die Science-Fiction aus seiner früheren Heimat ein. Immer wieder übersetzt er Storys, zudem hat er eine Anthologie herausgegeben.
Seine eigenen, höchst eleganten SF- und Fantasy-Kurzgeschichten, die in allen möglichen US-Magazinen erscheinen und von denen die Besten im beeindruckenden Ausleseband „The Paper Menagerie and Other Stories“ gesammelt vorliegen, wurden indes völlig zurecht mit dem Hugo, dem Nebula Award, dem World Fantasy Award und anderen Preisen ausgezeichnet. Seit 2015 arbeitet Liu überdies an seiner „Dandelion Dynasty“-Fantasy-Romanserie, deren Filmrechte längst verkauft wurden und die auf Deutsch 2016 bei Knaur als „Seidenkrieger“-Trilogie startete. Das erste Buch „Die Schwerter von Dara“ probierte man noch im Hardcover, nach der Taschenbuch-Auswertung ist die Fortsetzung „Die Götter von Dara“ Anfang Oktober nun direkt im Taschenbuch erschienen.
Im Roman inszeniert Ken Liu wieder üppige High Fantasy mit fernöstlichem Ambiente und einem Hauch Silkpunk. Die Geschicke der Herrscher, Gelehrten, Kaiserkinder und Götter seines altertümlich-mystischen Inselreichs Dara gestaltet Liu so komplex wie George R. R. Martin (im Shop), so fein wie Kij Johnson (im Shop) und so sympathisch wie David Eddings. Die ausschweifenden Bücher zwischen Emanzipation, Etikette, Intrige und ein paar philosophischen und paläografischen Exkursen zu viel können nicht ganz mit seinen Kurzgeschichten mithalten, Lius Stilsicherheit und sein Auge für Details kommen ihnen allerdings zu Gute. Selbst wenn man den ersten Band nicht gelesen (oder den Plot weitgehend vergessen) hat, taucht man gern – und tief – in diesen chinesisch geprägten Fantasy-Kosmos und die vermeintlich friedvollen Jahre der jungen Löwenzahn-Dynastie ein.
Ken Liu: Seidenkrieger Bd. 2: Die Götter von Dara • Knaur, München 2018 • 480 Seiten • Taschenbuch: 10,99 Euro
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