16. Oktober 2024

„Das große Spiel“ von Richard Powers

In seinem neuen Roman verhandelt der Pulitzer-Preisträger Menschsein, Klimakrise und KI

Lesezeit: 3 min.

Der 1957 geborene Amerikaner Richard Powers (im Shop) ist einer der wichtigsten Autoren der Gegenwart. Entsprechend viele Weihen wurden ihm bereits zuteil, unter anderem der Pulitzer Preis, der National Book Award und eine MacArthur Fellowship, aber auch begeistertes Lob von Margaret Atwood, Barack Obama, Percival Everett und Oprah Winfrey. In den letzten Jahren hat Powers, der seine Jugend übrigens in Bangkok verbracht hat, vor allem durch seine Romane „Die Wurzeln des Lebens“ und „Erstaunen“ die literarische Landschaft geprägt – nicht zuletzt deshalb, weil er in seinen jüngsten Werken die kompliziert gewordene Beziehung der Menschheit zur Natur und der Umwelt betrachtet.

In seinem neuesten Roman „Das große Spiel“ (im Shop), der bereits einmal mehr auf der Longlist für den Booker Prize steht, kommt zum Faktor Klimakrise nun auch noch das brisante Thema künstliche Intelligenz hinzu. Das erscheint innerhalb von Richard Powers’ zuletzt veröffentlichtem Werkenverbund nur konsequent, und auch darüber hinaus logisch: Wer, wenn nicht einer der renommiertesten Autoren unserer Zeit, sollte sich im Gewand der Unterhaltungsliteratur, auf Augenhöhe der Weltliteratur mit diesem zweiten Damoklesschwert über unseren Köpfen auseinandersetzen?

Für „Das große Spiel“ verwebt Mr. Powers mehrere Zeitebenen und Einzelschicksale, wobei alles auf einen Showdown auf der Insel Makatea hinausläuft – ein Eiland in Französisch-Polynesien mit weniger als einhundert Einwohnerinnen und Einwohnern (früher war das Atoll im Tuamotu-Archipel als Aurora bekannt). Unter anderem widmet sich Powers einem schwarzen Wunderkind in Chicago, einer Ozeanforscherin und einem todkranken Techmilliardär, dessen Software und KI so allgegenwärtig wird wie das Meer. Von dieser fiktiven vernetzten Anwendung namens Playground hat Powers’ Roman im englischsprachigen Original sogar seinen Titel, obwohl die deutschsprachige Variante ebenfalls sehr gut zum Buch passt.


Richard Powers. Foto © Mike Belleme

Das kommt mit ziemlich genau 500 Seiten daher, auf denen Richard Powers mit all seiner Erfahrung und all seinem Können geschickt die Handlungsstränge verwebt, die Puzzlestücke in Sachen Plot und Personal nach und nach zusammenlegt, eine Wahnsinns-Pointe innerhalb des Zeitgeists vorbereitet. All das tut dieser meisterhafte Prosa-Komponist in seinem neuesten, sehr bewussten und selbst-bewussten Roman-Slowburner ganz unaufgeregt, ganz ruhig, wie üblich – und zwar solange, bis alle Elemente und Charaktere im Wettrennen um Makatea in der nahen Zukunft vereint sind, wo die Insel ein Anker für die schwimmenden Städte von Morgen werden soll.

Am Ende – und hier liegt abseits des erzählerischen Kunstgriffs die eigentliche Magie von „Das große Spiel“ – am Ende schärft der Roman unseren Sinn für die Wunder des Ozeans und des Lebens auf diesem Planeten. Oder um es mit ein bisschen mehr Pathos auszudrücken: Richard Powers prüft und pusht unser Gespür dafür, dass wir die Wunder dieser Welt unbedingt bewahren müssen, solange und soweit das noch irgendwie geht.

Richard Powers: Das große Spiel • Roman • Aus dem Amerikanischen von Eva Bonné • Penguin, München 2024 • 512 Seiten • Erhältlich als Hardcover, eBook und Hörbuch Download • Preis des Hardcovers: € 26,00 • im Shop

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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 ist bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“ erschienen.

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